Entwurf zu einer
Revidirten Bundesurkunde der schweizerischen Eidgenossenschaft

umgearbeitet von der am 19. März 1833 durch die Tagsazung niedergesetzte Tagsazungscommission, mit Rücksicht auf die eröffneten Standesinstructionen und am 13., 14. und 15. Mai 1833 berathen.

 

Im Namen Gottes des Allmächtigen !

Die souveränen Kantone der Schweiz, von dem Wunsche beseelt, den Bund der Eidgenossen zu befestigen und durch seinen zeitgemäße Entwiklung des Vaterlandes Kraft und Ehre zu erhalten und zu fördern, haben den Bundesvertrag vom 7. August 1815 einer allgemeinen Revision unterworfen und in Folge derselben nachstehende Bundesurkunde als Grundgesez angenommen:

 

Bundesurkunde der schweizerischen Eidgenossenschaft

Erster Abschnitt.
Allgemeine Bestimmungen.

Art 1. Die durch diesen Bund vereinigten Kantone bilden ihn ihrer Gesammtheit die schweizerische Eidgenossenschaft.

Art. 2. Die Kantone sind souverän und üben als solche alle Rechte aus, die nicht ausdrüklich der Bundesgewalt übertragen sind. Hinsichtlich dessen, was dem Bund übertragen worden, wird die oberste Gewalt nach Vorschrift der gegenwärtigen Bundesurkunde, ausgeübt.

Art. 3. Der eidgenössische Bund hat zum Zwek: Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität des Vaterlandes, Schuz der Freiheit und der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt.

Art 4. Die Kantone verheißen sich gegenseitig für diesen Zwek Rath und Beistand, Hülfe und Schuz gegen alle Angriffe von Außen, Einer für Alle und Alle für Einen.

Art. 5. Der Bund gewährleistet den Kantonen ihr Gebiet, ihre Souveränetät und Unabhängigkeit innert den Schranken des Art. 2, die Aufrechthhaltung der öffentlichen Ordnung in ihrem Innern, ihre Verfassungen und nach Inhalt derselben die Rechte und Freiheiten des Volkes gleich den Rechten und Befugnissen der Behörden.

Art. 6. Zu diesem Ende sind die Kantone verpflichtet, ihre Verfassungen der Bundesbehörde zur Einsicht vorzulegen. Der Bund übernimmt die Gewährleistung unter folgenden Bedingungen:
a) daß sie nichts den Vorschriften der Bundesurkunde Zuwiderlaufendes enthalten;
b) daß sie dem Grundsaz der Gleichheit vor dem geseze huldigen und die Ausübung der politischen Rechte nach repräsentativen oder demokratischen Formen sichern, so daß einerseits die Unterthanenverhältnisse jeder Art zwischen einzelnen Theilen des Kantons untersagt, andererseits alle Staatsbürger, welche die durch das Gesez vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen, die politischen Rechte auszuüben befugt seien und diese Ausübung nie zu einer unabänderlichen Ortsberechtigung oder zu einem Vorrechte der Geburt von Personen oder Familien werden könne;
c) und gegen Nachweisung, daß und wie sie nach verfassungsmäßigen und gesetzlichen Bestimmungen revidirt werden können.

Durch die Erfüllung dieser Bedingungen erhält die Gewährleistung noch die besondere Folge, daß die Verfassung eines Kantons einzig auf dem bezeichneten Wege der Revision geändert werden darf.

Art. 7. Die Kantone sind verpflichtet, wenn Streitigkeiten unter ihnen vorfallen, sich jeder Selbsthülfe sowie jeder Bewaffnung zu enthalten, dagegen den in gegenwärtiger Bundesurkunde angewiesenen Rechtspfad zu befolgen und dem Spruch in allen Theilen Genüge zu leisten.

Art. 8. Besondere Bündnisse und Verträge politischen Inhalts zwischen den Kantonen sind untersagt.

Dagegen steht ihnen das Recht zu, Verkommnisse über Gegenstände der Gesezgebung, des Gerichtswesens und der Verwaltung mit einander abzuschließen; jedoch haben sie dieselben der obersten Bundesbehörde zur  Einsicht vorzulegen, welchem wenn diese Verkommnisse etwas der Bundesurkunde oder den Rechten anderer Kantone Zuwiderlaufendes enthalten, deren Vollziehung zu hindern befugt ist. Im entgegengesezten Fall sind die betreffenden Kantone berechtigt, zur Vollziehung die Mitwirkung der Bundesbehörde anzusprechen (Art. 77, c).

Art. 9. Der Bund ist nicht berechtigt, stehende Truppen zu halten, jedoch soll durch diese Bestimmung den für die Instruction des Bundesheeres erforderlichen Einrichtungen auf keine Weise vorgegriffen werden.

Ohne Bewilligung der obersten Bundesbehörde darf kein Kanton mehr als 300 Mann und in getheilten Kantonen mehr als 150 Mann stehender Truppen halten, die Landjägercorps (gensd'armerie) nicht einbegriffen.

Art. 10. Im Falle plözlicher Gefahr von Außen ist die oberste Vollziehungsbehörde jedes Kantons berechtigt, die benachbarten Kantone zur Hülfe zu mahnen, unter gleichzeitiger Anzeige an die Bundesbehörde und unvorgreiflich ihrer spätern Verfügungen. Der oder die gemahnten Kantone sind zum Zuzuge verpflichtet. Die Kosten des Zuzugs trägt die Eidgenossenschaft.

Bei gestörter Ordnung im Innern ist die gesezgebende Behörde des betreffenden Kantons und, wenn diese nicht berathen werden konnte, die oberste Vollziehungsbehörde desselben befugt, die nämliche Hülfe anzurufen, und der oder die gemahnten Kantone sind zur Hülfeleistung verpflichtet. Die Kosten trägt der mahnende Kanton, es wäre denn, daß die oberste Bundesbehörde wegen besonderer Umstände eine andere Bestimmung treffen würde.

Art. 11. Dem Bund allein steht das Recht zu, Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und Staatsverträge, namentlich Zoll- und Handelsverträge verstanden sind, mit dem Ausland einzugehen.

Art. 12. Dagegen bleibt den Kantonen die Befugniß, Verträge über Gegenstände der Öconomie, des nachbarlichen Verkehrs und der Polizei von sich aus mit dem Ausland abzuschließen; jedoch dürfen solche Verträge nichts dem Bunde, den Rechten anderer Kantone oder bestehenden Bündnissen Zuwiderlaufendes enthalten und sind zu diesfälliger Beurtheilung, vor Auswechslung der Ratificationen, der obersten Bundesbehörde vorzulegen. Nur bei Postverträgen und bei Verträgen für Lieferung von Salz und Getreide gegen rein öconomische Leistungen kann die Vorlegung unterbleiben; jedoch hat die Bundesbehörde das Recht, dieselbe im einzelnen Falle zu verlangen.

Art. 13. Sind Kantone im Fall, über eigenthümliche Verhältnisse, innert den Schranken des vorhergehenden Artikels, mit dem Ausland Unterhandlungen zu pflegen, so können sie hierfür die Dazwischenkunft der Bundesbehörde nachsuchen.

Art. 14. Für Lebensmittel, Vieh und Kaufmannswaaren, Landes- und Industrieerzeugnisse jeder Art sind freier Kauf und Verkauf, freie Aus-, Ein- und Durchfuhr von einem Kanton in den andern gewährleistet. Vorbehalten sind einzig:
a) Die Kantonalgeseze, welche rein polizeiliche Verfügungen und die Gewerbbesteuerung betreffen; jedoch sollen diese Geseze für die eigenen Kantonsbürger und die Einwohner anderer Kantone die nämlichen sein, und dürfen nie in Sperranstalten oder Beschränkungen des freien Verkehrs ausarten.
    Die Bundesbehörde hat bei sich ergebenden Klagen das Recht, Einsicht der diesfälligen Geseze zu verlangen, sowie Abhülfe gegen Verfügungen, die dem Bunde und den Rechten anderer Kantone zuwiderlaufen würden, zu beschließen.
b) Die schweizerischen Grenzgebühren (Art. 15).
c) Die Zölle, Weg- und Brükengelder (Art. 16 und 17).
d) Die Verbrauchssteuern der Kantone (Art. 18).

Art. 15. Die schweizerischen Grenzgebühren werden bezogen von den in dei Schweiz eingehenden Waaren, welche nicht zu den nothwendigsten Lebensbedürfnissen gehören.

Der gegenwärtige Ansaz der Grenzgebühren darf nicht erhöht werden.

Art. 16. Der Bund allein besizt das Recht der Zollbewilligung. Die dermalen bestehenden, von der Tagsazung genehmigten Zölle, Weg- und Brükengelder verbleiben in ihrem Bestand. Es darf aber unter keinem Vorwand ohne Genehmigung der Tagsazung n rigend einem Kanton der Transit durch Einführung neuer oder durch Erhöhung der bestehenden Zölle, Weg- und Brükengelder erschwert, noch deren Bezug, wenn er auf bestimmte Zeit beschränkt war, verlängert werden.

Durch die in diesem und dem vorhergehenden Artikel enthaltenen Bestimmungen soll dem Rechte des Bundes in Beziehung auf den Abschluß von Zoll- und Handelsverträgen keinerlei Eintrag geschehen. Werden in Folge eines solchen Vertrags Zollberechtigungen einzelner Kantone aufgehoben oder herabgesezt, so hat sich der Bund mit denselben über eine billige Entschädigung zu verständigen.

Art. 17. Um die Gewißheit zu erlangen, daß in den Kantonen keine Zölle, Weg- und Brükengelder, welche nicht von der Tagsazung genehmigt worden sind, bezogen werden, ist von Bundes wegen eine Untersuchung der bestehenden Zölle, Weg- und Brükengelder anzuordnen.

Art. 18. Den Kantonen steht das Recht zu, auf ihrem Gebiet Verbrauchssteuern zu beziehen, jedoch soll deren Bezug ohne alle Hemmung des Transits geschehen.

Art. 19. Die Bundesbehörden werden auf geeignete Weise dahin einwirken, daß dei Kantone durch gegenseitige freiwillige Verkommnisse den Handel überhaupt und vorzüglich den Transit durch die Schweiz möglichst befördern und erleichtern.

Art. 20. Dem Bundes steht die Beaufsichtigung des Postwesens in der Eidgenossenschaft zu. Ein Bundesgesez wird deren Umfang bestimmen.

Zu einer allfälligen Centralisation des Postwesens, besonders hinsichtlich der Verbindungen mit dem Ausland, soll auf dem Wege des Concordats das Weitere eingeleitet werden.

Art. 21. Alle im Münzregal begriffenen Rechte übt von nun an der Bund nach folgenden Grundsäzen aus:
a. Es wird ein schweizerischer Münzfuß aufgestellt, dessen Einheit der Schweizerfranken ist. Der Schweizerfranken theilt sich in 10 Bazen, der Bazen in 10 Rappen.
    Der innere Gehalt des Schweizerfrankens ist zu 121 französischen Gran feinen Sibers gesetzt.
b. Die Münzprägung durch die Kantone hört auf und geht einzig von dem Bunde aus.
c. Die auszuprägenden Bundesmünzen sind:
    1) Goldmünzen zu             28 Schweizerfranken
        Goldmünzen zu             14 Schweizerfranken
    2) Grobe Silbermünzen zu   4 Schweizerfranken
        Silbermünzen zu              3 Schweizerfranken, 5 Bazen
        Silbermünzen zu              2 Schweizerfranken,
        Silbermünzen zu              1 Schweizerfranken,
        Silbermünzen zu              7 Bazen,
    3) Silberscheidemünzen zu  5 Bazen,
        Silberscheidemünzen zu   3 Bazen, 5 Rappen,
    4) Kupferscheidemünzen zu 1 Bazen,
        Kupferscheidemünzen zu  5 Rappen,
        Kupferscheidemünzen zu  2 1/2 Rappen,
        Kupferscheidemünzen zu  1 Rappen.

d. Die auszuprägenden Goldmünzen sollen genau entweder dem achtfachen oder dem vierfachen innern Werth des 3 1/2-Frankenstüks gleichkommen, und die groben Silbermünzen in ihrem innern Gehalt die angenommene Münzeinheit so oft repräsentiren, als es ihr Nennwerth bezeichnet.
e. Ein Bundesgesez wird theils das Quantum der von Seite des Bundes auszuprägenden Silber- und Kupferscheidemünze im Verhältniß der Bevölkerung bestimmen, wobei die Bedürfnisse des täglichen Verkehrs nicht überschritten werden sollen, theils das Verhältniß des innern Gehalts dieser Scheidemünzen zu ihren Nennwerthe festsezen.
f. Es sollen alle dermaligen schweizerischen Münzsorten unter dem Schweizerfranken eingelöst, außer Curs gesetzt und an deren Statt neue Bundesmünzen ausgeprägt werden.
    Für die erste Einlösung und Umprägung tritt folgendes Verfahren ein:
    Durch das Bundesgesez wird bestimmt, welche Quantum Münze jeder Kanton nach Verhältniß seiner Bevölkerung an die eidgenössische Münzstätte abzuliefern hat.
    Dieses Quantum soll jährlich wenigstens zum zehnten Teheil eingeliefert werden. Das Eingelieferte wird auf Gewinn und Verlust des betreffenden Kantons eingeschmolzen und umgeprägt. Dieser erhält dagegen ein Quantum Bundesmünze, dessen innerer Gehalt dem innern Gehalt des Quantums eingelieferter Kantonsmünze, nach Abzug der Einschmelzungs- und Umprägungskosten, gleichkommt. Die daherige Zahlung geschieht gegen Silberscheidemünze zur einen Hälfte in Silberscheidemünze, zur andern in Kupferscheidemünze; gegen Kupferscheidemünze in Kupferscheidemünze.
    Der Gesammtbetrag der jedem Kanton auf solche Weise zuzustellenden Bundesmünze darf die demselben nach dem Bundesgesez zukommende Rata (lit. e) nicht übersteigen.
    Hat ein Kanton weniger als sein Betreffniß eingeliefert, so geschieht für den Rest der Ausmünzung auf Gewinn und Verlust des Bundes.
g. Während der für die Einlieferung und Umprägung erforderlichen zeit haben die gegenwärtigen Kantonal- oder Concordatsscheidemünzen jeweilen nur in den Kantonen, welche dieselben ausgegeben haben, verbindlichen Curs, und es sind dieselben verpflichtet, die benannten Scheidemünzen bis zu deren Einziehung theils zum Nominalwerth anzunehmen, theils auf ihrem Gebiete circuliren zu lassen.
    Bleibt hingegen einem Kanton, nach Ablieferung des von ihm einzuziehenden Münzquantums (also jedenfalls nach Verfluß von zehn Jahren oder, wenn die Ablieferung in einer kürzern Zeitfrist geschehen ist, nach Verlauf derselben), ein Überschuß eigener Münzen, so werden diese für den Umfang der ganzen Schweiz also auch des eigenen Kantons, außer Curs erklärt und der Kanton hat sie auf seine Kosten einzulösen und zu tilgen.
h. Für den Curs der groben Münzsorten von ausländischem und schweizerischem Gepräge wird ein allgemein verbindlicher Tarif festgesezt. Die Tarifirung geschieht nach dem Verhältniß ihres innern Gehalts zu der schweizerischen Münzeinheit. Kein Kanton darf diesen Tarif abändern.

Art. 22. Dem Bunde steht das Recht zu, für den Umfang der Eidgenossenschaft gleiches Maß und Gewicht einzuführen.

Die schweizerischen Maße und Gewichte sollen nach einem Decimalsystem angeordnet und ihrer Größe so bestimmt werden, daß sie mit den durch andere Staaten eingeführten Decimalsystemen in möglichst einfachem Verhältnisse steht.

Ein Bundesgesez wird bestimmen, in welcher Zeit die neuen schweizerischen Maße und Gewichte jeder Art im Innern der Kantone eingeführt werden sollen.

Art. 23. Der Bund ist befugt, Schießpulvers sowohl für seinen eigenen Bedarf als auch zu allfälligem Verkauf an die Pulververwaltungen der Kantone zu verfertigen.

Art. 24. Jeder Schweizer ist Soldat.

Art. 25. Das Bundesheer, aus dem Contingent der Kantone gebildet, besteht:
a) aus dem Bundesauszug von 67,516 Mann (Art. 26);
b) aus der Landwehr, deren Bestand die Hälfte des Bundesauszugs beträgt.

Zu Zeiten von Gefahr kann die Tagsazung auch über die übrigen Streitkräfte eines jeden Kantons zur Vertheidigung des Vaterlandes verfügen.

Art. 26. Die Kantone stellen die Mannschaft nach dem Maßstab der Bevölkerung.

Bis zur Revision der Mannschaftsscala haben zum Auszug zu stellen:
Zürich  . . . .       7400 Mann
Bern .  . . . .     11648
Lucern  . . .        3468
Uri .    . . . .          472
Schwyz . . .        1204 Mann, davon Schwyz Inneres Land ??? und Schwyz Äußeres Land ???.
Unterwalden .       764 Mann, davon aus Unterwalden ob dem Wald 442 und aus Unterwalden nid dem Wald 322
Glarus  . . . . . .     946
Zug . . . . . . .        500
Freiburg . . . .     2480
Solothurn . . .     1808
Basel . . . . . .     1836  Mann, davon aus Basel-Stadttheil ??? und Basel-Landschaft ???.
Schaffhausen  .     932
Appenzell . . . .   1944 Mann, davon aus Appenzell Außer-Rhoden 1544 und aus  Appenzell-Inner-Rhoden 400
St. Gallen .  .      5260
Graubünden  .    3200
Aargau . . . . .     4820
Thurgau . . . . .    3040
Tessin . . . . . .     3608
Waadt . . . . . .    5928
Wallis . .  . . . .    2560
Neuenburg . . .   1920
Genf . . . . . . .     1760
            Total:   67,516 Mann.

Die Revision dieser Scala soll spätestens zwei Jahre nach Annahme der gegenwärtigen Bundesurkunde durch die Tagsazung vorgenommen werden, und zwar nach aufzustellenden gleichförmigen Grundsäzen.  Zu diesem Behuf sollen in allen Kantonen, Gemeinde für Gemeinde, von Staats wegen namentliche Bevölkerungstabellen abgefaßt und deren Ergebniß der Bundesbehörde eingegeben werden.

Die Revision der Scala wird in Zukunft auf ähnliche Weise von zwanzig zu zwanzig Jahren stattfinden.

Art. 27. Um in dem Bundesheer die erforderliche Gleichförmigkeit und Dienstfähigkeit zu erzielen, werden folgende Grundsäze festgestellt:
a. Ein Bundesgesez bestimmt die allgemeine Organisation des Bundesheeres.
b. Der Bund übernimmt für alle Waffengattungen:
    1) den höhern Militärunterricht, wozu er namentlich Militärschulen errichtet und Zusammenzüge von Truppencorps angeordnet;
    2) die Instruction der Officiere und Unterofficiere (Cadres) des Bundesauszugs.
c. Der Bund beaufsichtigt:
    1) den Militärunterricht der Contingente in den Kantonen;
    2) die Anschaffung, den Bau und den Unterhalt des Kriegszeugs, welches die Kantone zum Bundesheer zu liefern haben.
        Durch diese Beaufsichtigung soll der Bund die Gewißheit erlangen, daß den Kriegszeug nach Vorschrift der eidgenössischen Reglemente ausgerüstet ist.
        Zu Erleichterung der reglementarischen Anschaffungen soll von Bundeswegen ein Vorrath von ordonnanzmäßigen Waffen, Munition und anderem Kriegszeug angelegt und unterhalten werden, aus welchem sodann die Kantone ihren Bedarf an solchen gegenständen zu den Ankaufspreisen beziehen können.
d. Die Militärverordnungen der Kantone dürfen hinsichtlich der Contingentstruppen nichts der allgemeinen Organisation des Bundesheeres Widersprechendes enthalten und müssen zu diesfälliger Prüfung dem Bundesrath vorgelegt werden.
    Führt der betreffende Kanton über einen vom Bundesrath in Folge dieser Vorlegung gefaßten Beschluß Beschwerde, so steht der Entscheid der Tagsazung zu.
e. Alle Truppenabtheilungen  im eidgenössischen Dienst führen ausschließlich die eidgenössische Fahne.

Art. 28. Zur Bestreitung der Bedürfnisse des Bundes wird eine Bundescasse errichtet. Die dermaligen eidgenössischen Kriegsgelder werden als Capitalfond dieser Bundescasse einverleibt; es darf aber derselbe nur im Fall eines Krieges angegriffen werden. Die jährlichen Ausgaben werden durch ein allgemeines Büdget zum Voraus bestimmt.

Art. 29. Die Ausgaben des Bundes werden ordentlicher Weise bestritten:
a) aus den Zinsen des Capitalfonds;
b) aus dem Ertrag der schweizerischen Grenzgebühren;
c) aus dem Ertrag der Pulververwaltung;
d) aus den unmittelbaren Beiträgen der Kantone bis auf einen sechsten Theil des scalamäßigen Geldcontingents.

Insofern die ordentlichen Einnahmen nicht zureichen, sind die Kantone, bei welchen die Postverwaltung ein Postregal bildet, gehalten, aus dem Ertrag derselben einen Beitrag zu leisten, der jedoch den vierten Theil des reinen Ertrags des Postregals vom vorhergehenden Jahr nicht übersteigen darf.

Reichen die Einnahmen auch dann nicht hin, so treten die fernern unmittelbaren Beiträge der Kantone ein.

Die Kantonalbeiträge geschehen nach folgender Scala:
Zürich . . . . .     74,000 Franken
Bern . . . . . .   100,080
Luzern . . . . .    26,010
Uri . . . . . .          1,180
Schwyz  . . . .      3,010 Franken, davon aus Schwyz Inneres Land ???? und Schwyz Äußeres Land ???? Franken
Unterwalden  . . .1,910 Franken, davon aus Unterwalden ob dem Wald 1,105 und Unterwalden nid dem Wald 805 Franken
Glarus . . . . . .     3,615
Zug . . . . . .         1,250
Freiburg .  . . .   18,600
Solothurn . . . .  13,560
Basel . . . . . .     22,950 Franken, davon Basel-Stadttheil ????? und Basel-Landschaft ????? Franken
Schaffhausen  . .  9,320
Appenzell . . . . .  9,220 Franken, davon aus Appenzell Außer-Rhoden 7,720 und aus Appenzell Inner-Rhoden 1,500 Franken
St. Gallen . . . .  39,450
Graubünden  . . 12,000
Aargau . . . .      48,200
Thurgau . . . . .   22,800
Tessin . . . .        18,040
Waadt . . . .       59,280
Wallis . . . . .        9,600
Neuenburg . . .  19,200
Genf . .  . . .       22,000
           Total:    539,275 Franken.

Die Revision dieser Scala soll spätestens zwei Jahre nach Annahme der gegenwärtigen Bundesurkunde, und zwar mit gerechter Berüksichtigung der öconomischen Verhältnisse der Kantone, durch die Tagsazung vorgenommen werden.

Auf ähnliche Weise wird sie in Zukunft von zwanzig zu zwanzig Jahren stattfinden.

Art. 30. Der Bund gewährleistet unter den nachstehenden Bestimmungen allen Schweizern das Recht der freien Niederlassung im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft:
a. Keinem Schweizer kann die Niederlassung in irgend einem Kantone verweigert werden, der folgende Ausweisschriften beibringt:
    1) einen Heimat- oder Angehörigkeitsschein,
    2) ein Zeugniß sittlicher Aufführung;
    3) eine Bescheinigung, daß er in bürgerlichen Ehren und Rechten stehe.
b. Der Niedergelassene darf von Seite des die Niederlassung gestattenden Kantons mit keiner Bürgschaft und keinen andern besondern Lasten behufs der Niederlassung belegt werden.
c. Ein Bundesgesez wird die Dauer der Niederlassungsbewilligung, sowie das Maximum der zu Erlangung derselben an die Kantone zu entrichtenden Kanzleigebühr bestimmen.
d. Der Niedergelassene tritt in alle Rechte der Bürger des Kantons ein, in welchem er sich niedergelassen hat, die politischen Rechte und den Mitantheil an Gemeinde- und Corporationsgütern ausgenommen. Insbesondere wird ihm freie Gewerbsübung und das Recht der Erwerbung und Veräußerung von Liegenschaften zugesichert, nach Maßgabe der Geseze und Verordnungen des Kantons, die in allen diesen Beziehungen den Niedergelassenen dem eigenen Bürger gleich halten sollen.
e. Den Niedergelassenen anderer Kantone können von Seite der Gemeinden keine größern Leistungen an Gemeindelasten auferlegt werden, als den Niedergelassenen des eigenen Kantons.
f. Der Niedergelassene kann in seine Heimat gewiesen werden:
    1) durch gerichtliches Strafurtheil;
    2) durch Verfügung der Polizeibehörden, wenn die Kantonalgesezgebung den leztern eine solche Competenz überträgt; wegen Verlzung der Geseze über die Sitten- und die Armenpolizei, wegen Verurtheilung zu einer nicht rein polizeilichen Strafe und wegen Verlust der bürgerlichen Ehren und Rechte.

Art. 31. Die Schweizer haben das Recht der Petition an die Bundesbehörden über alle Gegenstände, welche dem Bund übertragen sind.

Art. 32. Die Presse steht ausschließlich unter der Kantonalgesezgebung; der Bund kann weder die Preßfreiheit aufheben oder beschränken, noch die Censur einführen.

Art. 33. Alle Abzugsrechte im Innern der Schweiz, sowie die Zugrechte von Angehörigen eines Kantons als solchen, gegen Angehörige anderer Kantone sind abgeschafft.

Art. 34. Gegen die auswärtigen Staaten besteht Freizügigkeit, unter Vorbehalt des Gegenrechts.

Art. 35. Sämmtliche Kantone verpflichten sich, die Angehörigen der andern Kantone in Absicht auf Gesezgebung und gerichtliches Verfahren den Angehörigen des eigenen Kantons gleichzuhalten.

Der seßhafte, aufrechtstehende schweizerische Schuldner muß für persönliche Ansprachen vor dem Richter seines Wohnorts gesucht werden.

Art. 36. Ein Bundesgesez wird über die Auslieferung der Verbrecher von einem Kanton an den andern allgemein verbindliche Bestimmungen aufstellen, jedoch kann die Auslieferung weder für politische Vergehen, noch für Preßvergehen verbindlich gemacht werden.

Art. 37. Es wird ein Bundesgesez erlassen zur Ausmittlung von Angehörigkeitsrechten für Heimatlose, die gegenwärtig nicht eingetheilt sind, und zur Verhinderung der Entstehung neuer Heimatloser.

Art. 38. Die Beschlüsse der Tagsazung und die einzelnen Concordate, insoweit deren Inhalt nicht der gegenwärtigen Bundesurkunde widerspricht, bleiben bis zu erfolgender Aufhebung oder Abänderung in Kraft.

Zweiter Abschnitt
Bundesbehörden.

A. Tagsazung.

Art. 39. Die oberste Bundesbehörde ist die Tagsazung, in welcher die Kantone gleiches Stimmrecht ausüben.

Art. 40. Die Tagsazung besteht aus den Abgeordneten der Kantone. Jeder Kanton wählt zwei Abgeordnete, in den getheilten Kantonen jeder Landestheil einen Abgeordneten.

Art. 41. Sie wird durch den Landammann der Schweiz und im Verhinderungsfalle durch dessen Stellvertreter im Bundesrath präsidirt.

Art. 42. Den Kantonen steht es frei, den Abgeordneten Ersazmänner beizugeben. Diese treten jedoch nur im  Falle der Verhinderung eines Abgeordneten ein, unter vorläufiger Anzeige an den Präsidenten der Tagsazung.

Art. 43. Die Tagsazung versammelt sich ordentlicher Weise jährlich am ersten Montag im Heumonat, außerordentlich auf Einladung des Bundesraths oder auf Begehren von fünf Kantonen.

Jeder Kanton ist pflichtig, durch Abgeordente an der Tagsazung Theil zu nehmen, sie mag ordentlich oder außerordentlich einberufen sein.

Art. 44. Die Sitzungen der Tagsazung sind öffentlich. Wie in einzelnen Fällen eine Ausnahme stattfinden kann, ist in dem Reglement anzugeben vorbehalten.

Art. 45. In allgemeiner Beziehung sind die Verrichtungen der Tagsatzung folgende:
a. Sie hat, in Übereinstimmung mit der Bundesurkunde, die zur Vollziehung erforderlichen Bundesgeseze zu erlassen.
    Dringlichkeitsfälle ausgenommen, soll kein gesezesentwurf ohne dessen vorherige Mittheilung an die Kantone in Berathung genommen werden.
b. Sie erläßt insbesondere ein Bundesgesez, wie bei Vollziehung rechtskräftiger Beschlüsse zu verfahren ist, wenn ein oder mehrere Bundesglieder demselben Folge zu leisten sich weigern.
c. Sie entscheidet Competenzstreitigkeiten zwischen den verschiedenen der Bundesbehörden als zwischen einzelnen Bundesbehörden und Kantonen.
d. Sie ist befugt, Streitigkeiten zwischen dem Bundesrath und einem Kanton an das Bundesgericht zu überweisen (Art. 97, b).
e. Sie gibt nöthigenfalls die Auslegung einzelner Artikel der Bundesurkunde.
f. Sie verfährt bei einer allfälligen Bundesrevision nach Vorschrift der Art. 106 bis und mit 110.
g. Sie wacht über die Erfüllung der Verbindlichkeiten, welche die Bundesglieder gegenseitig übernehmen.
h. Sie wählt die Bundesbeamten gemäß der Bundesurkunde und den einschlagenden Gesezen oder Beschlüssen.
i. Sie hat die Aufsicht über die Pflichterfüllung der Bundesbeamten und kann solche für Verlezung ihrer Pflichten in Anklagestand erkennen, nach den Bestimmungen und Formen eines diesfalls zu erlassenden Bundesgesezes.

Art. 46. Die Pflichten und Befugnisse der Tagsazung in besonderer Hinsicht auf auswärtige Verhältnisse sind:
a. Als Organ des Bundes wahrt sie die Interessen der Eidgenossenschaft nach Außen.
b. Sie hat für Erhaltung der friedlichen und freundlichen Verhältnisse mit auswärtigen Staaten und für gegenseitige Erfüllung bestehender Tractate zu sorgen.
c. Sie trifft die erforderlichen Maßnahmen zu Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität der Eidgenossenschaft.
d. Sie beschließt Krieg und Frieden.
e. Sie geht Namens des Bundes Bündnisse und Staatsverträge, namentlich Zoll- und Handelsverträge mit dem Ausland ein (Art. 11).
f. Sie spricht die Anerkennung auswärtiger Staaten und Regierungen Namens der Eidgenossenschaft aus.
g. Sie erwählt die diplomatischen Agenten der Eidgenossenschaft und deren Handelsconsuln im Ausland.
h. Sie prüft, ob die Verträge, welche die Kantone nach Art. 12 von sich aus mit dem Auslande abzuschließen befugt sind, nichts dem Bundes, den Rechten anderer Kantone oder bestehenden Bündnissen Zuwiderlaufendes enthalten, und verlangt, wenn sie es nothwendig erachtet, die Vorlegung selbst solcher Verträge, welche ohnedies der Vorlegung enthoben wären.

Art. 47. In Bezug auf das Innere hat die Tagsazung folgende Pflichten und Befugnisse:
a. Sie schützt den freien Verkehr nach Art. 14 und wacht darüber, daß die Kantonalgeseze, welche rein polizeiliche Verfügungen in Bezug auf freien Kauf und Verkauf, auf freie Aus-, Ein- und Durchfuhr von einem Kanton in den andern, sowie die Gewerbbeesteuerung betreffen, für den eigenen Kantonsbürger und die Einwohner der andern Kantone die nämlichen seien und nicht in Sperranstalten oder Beschränkungen des freien Verkehrs ausarten. Bei sich ergebenden Klagen verfährt die Tagsazung nach Art. 14, a.
b. Sie bewilligt die Zölle, Weg- und Brükengelder (Art. 16) und hat zu verhüten, daß in den Kantonen keine von der Tagsazung nicht genehmigten Zölle, Weg- und Brükengelder bezogen werden, zu welchem Ende sie dei im Art. 17 vorgeschriebene Untersuchung.
c. Sie wacht darüber, daß der Bezug der den Kantonen zustehenden Verbrauchssteuern ohne alle Hemmung des Transits geschehe (Art. 18).
d. Sie beaufsichtigt das Postwesen in der Eidgenossenschaft nach dem dießfalls zu erlassenden Bundesgesez (Art. 20).
e. Sie erläßt Bundesgeseze über Maß und Gewicht (Art. 22).
f. Sie bestimmt die Dauer der Niederlassungsbewilligung, sowie das Maximum der zu entrichtenden Kanzleigebühr (Art. 30, c).
g. Sie hat das Recht, gesundheitspolitische Verordnungen gegen allgemeine Seuchen zu erlassen.
h. Sie ist befugt, die Vollziehung von Verkommnissen, welche Kantone unter deinander abgeschlossen haben, zu verhindern, wenn dieselben etwas der Bundesurkunde oder den Rechten anderer Kantone Zuwiderlaufendes enthalten (Art. 8).
i. Sie spricht die Gewährleistung der Kantonsverfassungen aus (Art. 5 und 6) und verfügt bei Beschwerden über Veränderung dieser Verfassungen, wenn eine solche auf anderm als dem bezeichneten Wege der Revision stattgefunden hat.
k. Sie behandelt die Ordnung im Innern.
    Zu diesem Ende schreitet die Tagsazung unbedingt ein auf Begehren der gesezgebenden Behörde des betreffenden Kantons, und wenn diese nicht berathen werden konnte, auf Begehren der obersten Vollziehungsbehörde.
    Sie schreitet aber auch ohne Begehren derselben ein in folgenden Fällen:
        1) bei gemeingefährlichen Unruhen, die der Kanton nicht selbst zu heben vermag;
        2) bei gewaltthätigem Umsturz einer Kantonsregierung, oder wenn diese überhaupt außer Stande ist, die Hülfe des Bundes anzusprechen;
        3) wenn sich die Unruhen über zwei oder mehrere Kantone verbreiten.
    Im Fall bewaffneten Einschreitens in die Angelegenheiten eines Kantons soll die oberste Behörde desselben sofort einberufen werden.
    Nach vorangegangener Herstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung wird von Seite des Bundes eine Untersuchung über Veranlassung und Ursache der Unruhen vorgenommen und eine Ausgleichung sucht. Kann keine gütliche Beilegung der obwaltenden Anstände erzielt werden, so verfügt die Tagsatzung mit Beachtung der Art. 5, 6 und 7 und weist das nach Art. 97 c und 98 e in die gerichtliche Competenz Einschlagende zum Entscheid an das Bundesgericht.
    Die Kosten der eidgenössischen Einschreitens trägt der betheiligte Kanton, es wäre denn, daß die Tagsazung wegen besonderer Umstände eine andere Bestimmung treffen würde.
l. Sie übt, unbeschadet der ihr durch ARt. 98 e vorbehaltenen Befugniß der Amnestirung, das Recht der Begnadigung bei Strafurtheilen aus, welche das Bundesgericht gefällt hat.
m. Sie behandelt die an sie gerichteten Bittschriften nach Anleitung eines hiezu festzusezenden Reglements.

Art. 48. Die Verrichtungen der Tagsazung in Bezug auf die Wehranstalten sind:
a. Sie bestimmt durch Bundesgeseze sowohl die Organisation des Bundesheeres, als alle weitern zu Vollziehung der Art. 24 bis und mit 27 erforderlichen Maßnahmen.
b. Sie beschließt die Aufstellung des Bundesheeres oder eines Theils desselben und trifft alle zu Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität der Eidgenossenschaft erforderlichen Maßnahmen..
c. Sie ernennt den Oberbefehlshaber des Bundesheeres und diejenigen höhern Militärbeamten, deren Wahl durch die Bundesgeseze über die Organisation des Bundesheeres der Tagsazung wird vorbehalten sein.

Art. 49. Die Tagsazung ordnet und beaufsichtigt das Finanzwesen des Bundes:
a. Sie wacht über die Erhaltung des Capitalienfonds der Bundescasse und wird in einem Bundesgesez die dießfalls erforderlichen Bestimmungen festsezen.
b. Sie bestimmt den jährlichen Voranschlag (Büdget) der Einnahmen und Ausgaben des Bundes un d beschließt die Erhebung der untmittelbaren Geldbeiträge der Kantone.
    In den Voranschlag dürfen nur solche Ausgaben aufgenommen werden, welche sich entweder auf Bundesgeseze oder besondere Beschlüsse der Tagsazung gründen.
c. Sie nimmt die Rechnungen ab über Einnahmen und Ausgaben der Bundescasse und über deren Capitalfond und erläßt die daherigen Regulative.
d. Sie bewilligt ausßerordentliche Credite.
e. Sie bestimmt die Gehalte der Bundesbeamten und Bediensteten.
f. Sie bestimmt den Tarif der schweizerischen Grenzgebühren und ihre Bezugsweise (nach Art. 15).
g. Sie sorgt für die Ausübung des Münzregals nach Anleitung von Art. 21.
h. Sie übt hinsichtlich der Verfertigung und des Verkaufs des Schießpulvers die ihr im Art. 23 vorbehaltenen Befugnisse aus.
i. Sie revidirt die Scala der unmittelbaren Geldbeiträge der Kantone (Art. 29).

Art. 50. Für die Anbahnung der Geschäfte der Tagsazung üben das Vorschlagsrecht aus:
a) die Kantone;
b) der Bundesrath.

Das Reglement hat das Verfahren zu bestimmen.

Art. 51. Die Geschäfte der Tagsazung zerfallen in Bezug auf die Berathung und Abstimmung in drei Abtheilungen:
a) Die erste Abtheilung begreift solche Geschäfte, für welche die Kantone Instructionen ertheilen;
b) die zweite Abtheilung diejenigen, welche ohne Instructionen berathen werden, und worüber die Tagsazung von sich aus erledigende Beschlüsse faßt;
c) die dritte Abtheilung solche, worüber zwar ohne Instructionen berathen, aber bloß mit Vorbehalt der Genehmigung der Kantone verfügt wird.

Art. 52. In die erste Abtheilung gehören:
a) Bündnisse und Verträge mit dem Ausland (Art. 11);
b) Kriegserklärungen und Friedensschlüsse;
c) Anerkennung auswärtiger Staaten und Regierungen;
d) Aufstellung des Bundesheeres oder eines Theils desselben und alle zu Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität der Eidgenossenschaft erforderlichen Maßnahmen;
e) bewaffnetes Einschreiten ohne Begehren des betreffenden Kantons (Art. 47, k)m wenn nicht der im Art. 77, a vorgesehene Fall eingetreten ist;
f) Nachlaß von Interventionskosten, wo ein solcher nach Art. 47, k zulässig ist;
g) Entscheid von Competenzstreitigkeiten sowohl zwischen den verschiedenen Bundesbehörden als zwischen einzelnen Bundesbehörden und Kantonen;
h) Auslegung einzelner Artikel der Bundesurkunde;
i) Revision der Bundesurkunde (nach Art. 106 und 109);
k) Revision der Scala der Mannschafts- und Geldcontingente;
l) die Erlassung und allfällige Abänderung des Bundesgesezes über die Beaufsichtigung des Postwesens in der Eidgenossenschaft (Art. 20);
m) Errichtung oder Aufhebung bleibender Bundesbeamtungen im Innern;
n) Entscheid und Beschwerden über Veränderung gewährleisteter Verfassungen, wenn eine solche auf anderm als auf dem bezeichneten Weg der Revision stattgefunden hat (Art. 47, i).

Art. 53. Zur zweiten Abtheilung werden gerechnet:
a) die in Anwendung bestehender Bundesgeseze erforderlichen speciellen Verfügungen, welche durch jene Geseze der Tagsazung ausdrüklich vorbehalten sind;
b) Aufstellung des Bundesheeres oder eines Theils desselben und alle zu Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität der Eidgenossenschaft erforderlichen Maßnahmen, wenn im Falle polizeilicher Gefahr von Außen die Dringlichkeit von Seite der Tagsazung erklärt worden war.
c) Überweisung an das Bundesgericht von Streitigkeiten zwischen dem Bundesrath und einem Kanton (Art. 97, b);
d) eidgenössisches Einschreiten auf Begehren des betreffenden Kantons, sowie alle Maßnahmen, die als Folge eines ohne ein solches Begehren durch die Tagsazung beschlossenen Einschreitens (Artikel 52, e) nothwendig werden könnten;
e) allfällige Verhinderung der Vollziehung von Verkommnissen, welche Kantone unter einander abgeschlossen haben (Art. 8);
f) Prüfung der von Kantonen mit dem Ausland abgeschlossenen Verträge und allfälliges Begehren um Vorlegung selbst solcher Verträge, welche ohne dieß der Vorlegung enthoben wären (Art. 12);
g) Bestimmung des jährlichen Voranschlags (Büdget);
h) Untersuchung und Passation der Bundesrechnungen und alle damit verbundenen Verfügungen;
i) Bestimmung der Gehalte aller nicht durch die Bundesurkunde oder durch Bundesgeseze aufgestellten Beamten und Bediensteten;
k) alle Wahlen, die der Tagsazung zustehen;
l) Schlußnahmen, um Bundesbeamte in Anklagestand zu versezen;
m) Ausübung des Rechts der Amnestie und der Begnadigung in den durch Art. 98 und 99, d vorgesehenen Fällen;
n) Behandlung der an die Tagsatzung gerichteten Bittschriften.

Art. 54. In die dritte Abtheilung gehören:
a) Gewährleistung der Kantonsverfassungen;
b) die zu Ausführung der Bundesurkunde erforderlichen Bundesgeseze, ihre Auslegung, Abänderung und Aufhebung;
c) Errichtung und Aufhebung diplomatischer Agentschaften im Ausland;
d) Bewilligung außerordentlicher Credite;
e) Bestimmung der Gehalte aller durch die Bundesurkunde oder durch Bundesgeseze aufgestellten Beamten;
f) alle übrigen weder in der ersten noch in der zweiten Abtheilung (Art. 52 und 52) begriffenen Geschäfte.

Art. 55. Für die Gegenstände der ersten Abtheilung (Art. 52) sind die Kantone verpflichtet, den Abgeordneten bestimmte Instructionen oder Vollmachten zu ertheilen. Für jeden Kanton nimmt nur ein Abgeordneter an der Berathung und Abstimmung Antheil.

Zu einem verbindlichen beschlusse ist die absolute Mehrheit der Kantonsstimmen erforderlich.

Ausnahmsweise muß eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Kantonsstimmen vorhanden sein:
a) für Bündnisse und Staatsverträge politischen Inhalts mit dem Auslande;
b) für Kriegserklärungen und Friedensschlüsse;
c) für Auslegung einzelner Artikel der Bundesurkunde;
d) um die Vornahme einer allgemeinen Bundesrevision zu beschließen (Art. 107) und damit eine revidirte Bundesurkunde in Kraft erwachsen könne (Art. 110);
e) für Erlassung und allfällige Abänderung des Bundesgesezes über die Beaufsichtigung des Postwesens in der Eidgenossenschaft (Art. 20).

Art. 56. Wenn bei Abstimmung nach vorstehendem Artikel die Stimmen eines oder mehrerer Kantone nicht gezählt werden können, entweder wegen Abwesenheit oder wegen Unterlassung der Stimmgebung, oder wegen Nichtübereinstimmung zweier halben Kantonsstimmen, und der Beschluß zwar nicht die zu einer verbindlichen Mehrheit der Stimmenden erhält, so wird derselbe in gleicher Weise zur Annahme oder Verwerfung an die Kantone gebracht, wie die Beschlüsse über Gegenstände der dritten Abtheilung (Art. 58).

Art. 57. Bei Gegenständen, welche weder der Instructionsertheilung noch der Genehmigung der Kantone unterliegen (Art. 53), nehmen sämmtliche Abgeordnete an der Berathung und Abstimmung nach eigener Überzeugung Antheil. Zur Gültigkeit des Beschlüsses ist die Mehrheit der Stimmenden erforderlich.

Art. 58. An der Berathung und Abstimmung über Gegenstände der zweiten Abtheilung (Art. 54) nehmen sämmtliche Abgeordnete der Kantone nach eigener Überzeugung Antheil. Die Entscheidung in der Tagsazung geschieht durch die absolute Mehrheit der Stimmenden. Der Beschluß erhält jedoch erst Gültigkeit, nachdem er durch die absolute Mehrheit der Kantone genehmigt worden.

Jeder Kanton ist pflichtig, binnen sechs Monaten nach der amtlichen Mittheilung des Beschlusses sich einfach über Annahme oder Verwerfung desselben auszusprechen. In dringenden Fällen kann die Tagsazung ausnahmsweise einen kürzeren Termin ansezen.

Die Kantone, welche sich binnen der festgesetzten Frist nicht ablehnend aussprechen, werden zu den annehmenden gezählt.

Art. 59. Bei Beschlüssen, die vermöge Instructionen oder Vollmachten gefaßt werden, oder bei Genehmigung der über Gegenstände der dritten Abtheilung gefaßten Beschlüsse, zählen die halben Stimmen eines getheilten Kantons nur dann, wenn sie übereinstimmen. Sollte jedoch der eine Kantonstheil sich den eidgenössischen Verhandlungen entziehen, so hat der andere Kantonstheil so lange eine ganze Stimme, bis beide wieder an denselben Theil nehmen.

Art. 60. Um über Gegenstände der zweiten und dritten Abtheilung berathen und abstimmen zu können, muß wenigstens sowohl die absolute Mehrheit der Kantone vertreten, als die absolute Mehrheit der Abgeordneten anwesend sein.

Art. 61. Die Abgeordneten leisten den Eid auf treue Handhabung der Bundesurkunde.

Art. 62. Das Reglement der Tagsazung wird auf dem Wege der Bundesgesezgebung erlassen werden.

Dasselbe wird über den Zuzug der Mitglieder des Bundesraths zu den Sizungen der Tagsazung das Angemessene festsezen.

B. Bundesrath.

Art. 63. Ein Bundesrath ist die oberste vollziehende und, in Abwesenheit der Tagsazung, die leitende Behörde der Eidgenossenschaft.

Art. 64. Der Bundesrath besteht aus dem Landammann der Schweiz und vier Bundesräthen.

Art. 65. Der Landammann führt den Vorsitz im Bundesrath.

Sein Stellvertreter wird durch die Tagsazung aus der Mitte des Bundesraths gewählt.

Art. 66. Für die Wahl des Landammanns tritt folgendes Verfahren ein:

Jeder Kanton wird zwei Personen aus verschiedenen Kantonen bezeichnen.

Von den Bezeichneten ist derjenige gewählt, welcher die größte Anzahl der Kantonsstimmen, wenigstens aber die absolute Mehrheit derselben, auf sich vereinigt haben wird.

Erhalten mehrere Personen gleichviel Kantonsstimmen, wenigstens aber die absolute Mehrheit derselben, so wählt aus ihnen die Tagsazung den Landammann.

Hat sich keine absolute Mehrheit ergeben, so ernennt die Tagsazung den Landammann aus den fünf Personen, welche die meisten Kantonsstimmen auf sich vereinigt haben, mit Zuzug derjenigen unter den Bezeichneten, denen allenfalls gleichviel Kantonsstimmen wie der lezten unter jenen fünf Personen zu Theil geworden sind..

Lehnt der Gewählt ab, so wird die Wahl unter denjenigen vorgenommen, auf welche nach ihm die meisten Kantonsstimmen gefallen sind, es sei denn, daß bereits einer der Wahlkandidaten allein wenigstens die absolute Mehrheit der Kantonsstimmen erlangt hätte.

Art. 67. Die Bundesräthe werden, unter Bezeichnung des jedem derselben nach Art. 74 anzuweisenden Departements, frei aus allen Schweizern von der Tagsazung ernannt; jedoch darf von den Mitgliedern des Bundesraths, den Landammann einbegriffen, nie mehr als eines aus dem nämlichen Kanton genommen werden.

Ein Bundesgesetz wird bestimmen, in welchen Verwandtschaftsverhältnissen die fünf Mitglieder des Bundesraths unter sich nicht stehen dürfen.

Art. 68. Die Amtsdauer des Landammanns und der Bundesräthe ist auf vier Jahre, deren Amtsantritt auf den 1. October angesezt.

Nach Erfüllung einer vollen Amtsdauer ist der abtretende Landammann in dieser Eigenschaft für die nächsten vier Jahre nicht wieder wählbar.

Die Bundesräthe werden je zu zwei Jahren zur Hälfte erneuert. Für die erste Erneuerungswahl treten die zwei zulezt ernannten aus. Die austretenden Bundesräthe sind stets wieder wählbar.

Art. 69. Die in der Zwischenzeit abgehenden Mitglieder des Bundesraths werden nur für ihr noch übrige Amtsdauer ersetzt.

Art. 70. Wird die Stelle des Landammanns vor Ablauf der gesezlichen Amtsdauer erledigt, so kann die Tagsazung zu neuer Wahl, insoweit diese ihr zusteht, außerordentlich einberufen werden, wenn die ordentliche Versammlung erst nach Abfluß von vier Monaten stattfände.

Der in einem solchen Fall erwählte Landammann ist, nachdem er die Amtsdauer seines Vorgängers vollendet hat, für die nächste Amtsdauer noch wählbar.

Art. 71. Die Mitglieder des Bundesraths dürfen keine andere, weder bürgerliche noch militärische Stelle oder Beamtung, sei es im Dienst der Eidgenossenschaft, sei es in einem Kanton, bekleiden, noch können sie als Abgeordnete auf die Tagsazung gewählt werden.

Art. 72. Die Mitglieder des Bundesraths dürfen vom Auslande weder Pensionen, noch Gehalt, noch Titel, Geschenke oder Orden annehmen.

Sind sie bereits im Besiz von Pensionen, Titeln oder Orden, so haben sie für ihre Amtsdauer auf den Genuß der Pensionen und auf das Tragen der Titel und Orden zu verzichten.

Art. 73. Der Landammann und die Bundesräthe beziehen als solche einen jährlichen Gehalt aus der Bundescasse, welcher durch ein Bundesgesez bestimmt werden soll.

Art. 74. Die Geschäfte des Bundesraths zerfallen in die vier Departemente des Äußeren, des Innern, des Militärs und der Finanzen.

Diese Eintheilung hat einzig zum Zweke, die Prüfung und Ausfertigung der Geschäfte zu erleichtern; der jeweilige Entscheid geht von dem Bundesrath als Behörde aus.

Bleibende eidgenössische Commissionen (mit Ausnahme der Linthpolizeicommission, die jedoch unmittelbar dem Bundesrath untergeordnet ist) hören auf; indeß ist der Bundesrath befugt, für einzelne Fälle Sachkundige beizuziehen.

Art. 75. Die Befugnisse und Obliegenheiten des Bundesraths sind im Allgemeinen folgende:
a. Er leitet die eidgenössischen Angelegenheiten in Gemäßheit der bestehenden Bundesgeseze und Tagsazungsbeschlüsse und innerhalb der Schranken, welche ihm die Bundesurkunde angewiesen sind.
b. Er schlägt der Tagsazung die Bundesgeseze und Beschlüsse vor, in Gemäßheit der Art. 45, a und 54, b und begutachtet die Anträge, die von der Tagsazung oder den Kantonen an ihn gelangen.
c. Er sorgt für die Vollziehung der Bundesgeseze und der Beschlüsse der Tagsazung.
d. Er vollstrekt Vergleiche, welche unter eidgenössischer Vermittlung stattgefunden haben, schiedsrichterliche Sprüche über STreitigkeiten zwischen den Kantonen sowie die Urtheile des Bundesgerichts.
e. Er erwählt die eidgenössischen Beamten und Bediensteten, deren Wahl nicht der Tagsazung, dem Bundesgericht oder eidgenössischen Verwaltung zusteht.
f. Er erstattet der Tagsazung jeweilen bei ihrem ordentlichen Zusammentritte Rechenschaft über seine Verrichtungen, sowie Bericht über den Zustand der Eidgenossenschaft, und wird ihrer Aufmerksamkeit diejenigen Maßregeln empfehlen, welche er für Erhaltung und Beförderung gemeinsamer Wohlfahrt dienlich erachtet.

Art. 76. Die Pflichten des Bundesraths in besonderer Hinsicht auf auswärtige Verhältnisse sind:
a. Er ist verbunden, für Behauptung der Unabhängigkeit und Erhaltung der Neutralität der Eidgenossenschaft zu sorgen und befugt, im Fall plözlicher und ringender Gefahr von Außen das Bundesheer oder einen Theil desselben aufzustellen und alle zu dem angegebenen Zwek erforderlichen Maßnahmen zu treffen, mit der Verpflichtung unverzüglicher Einberufung der Tagsazung.
b. Er führt die Correspondenz mit dem Auslande und mit den Agenten der Eidgenossenschaft und beglaubigt dieselben.
c. Er empfängt die fremden Gesandten, ihre Beglaubigungs- und Abberufungsschreiben.
d. Er pflegt Unterhandlungen für einzelne Kantone, wenn sie solches wünschen (Art. 13).

Art. 77. Seine Verrichtungen in innern Angelegenheiten sind:
a. Er hat für die Aufrechthaltung der Bundesurkunde zu wachen und nöthigenfalls für Handhabung der öffentlichen Ordnung in den Kantonen sowie ihrer gewährleisteten Verfassungen mitzuwirken.
    Sowohl für Aufrechthaltung der Bundesurkunde als in den durch Art. 47, k bezeichneten Fällen ist er befugt, wo Gefahr im Verzug wäre, von sich aus die erforderliche Truppenzahl aufzubieten und über solche zu verfügen, unter Vorbehalt unverzüglicher Anzeige der Tagsazung, wenn diese bereits versammelt ist, oder unverzüglicher Einberufung derselben, falls die aufgebotenen Truppen tausend Mann übersteigen und das Aufgebot länger als vierzehn Tage dauert.
b. Er führt die Correspondenz mit den Kantonen.
c. Er unterstüzt sie nöthigenfalls in Vollziehung von Verkommnissen, die sie unter sich geschlossen haben (Art. 8).
d. Er wacht darüber:
    1) daß der Bezug der Zölle, Weg- und Brükengelder nicht auf eine bundeswidrige, den freien Verkehr hemmende Weise stattfinde;
    2) daß die Bezugsart der Verbrauchssteuern nicht den Transit hemme (Art. 18).
e. Er beaufsichtigt die von den Kantonsregierungen anzuordnende Vollziehung des Bundesgesezes über Maße und Gewichte (Art. 22).

Art. 78. Hinsichtlich des Militärwesens:
a. sorgt der Bundesrath für die Vollziehung aller daherigen die Bundesgeseze und derjenigen insbesondere, welche sich auf die vom Bunde übernommenen zweige des Militärunterrichts und auf die demselben obliegende Beaufsichtigung beziehen (Art. 27. b und c).
b. Er beaufsichtigt in Friedenszeiten den Bau und Unterhalt der auf eidgenössische Kosten angelegten oder anzulegenden Befestigungen jeder Art.
c. Er prüft die Militärverordnungen der Kantone, insoweit sie die Contingentstruppen betreffen und faßt die Beschlüsse, welche dieselben nothwenig machen könnten (Art. 27, d).
d. Er ernennt die Officiere des Generalstabs, deren Wahl der Tagsazung nicht vorbehalten worden (Art. 48, c).

Art. 79. Der Geschäftskreis des Bundesrathes in Finanzsachen umfaßt:
a) die Verwaltung des eidgenössischen Capitalfonds und der Bundescasse;
b) den Bezug der Einnahmen des Bundes und insbesondere der eidgenössischen Grenzgebühren;
c) die Verfertigung und den Verkauf des Schießpulvers inner den Schranken des Art. 23;
d) die Verwaltung des Münzwesens;
e) die Entwerfung des Voranschlags (Büdgets);
f) die Stellung der Rechnungen über die Einnahmen und Ausgaben des Bundes.

Art. 80. Die in den Art. 76 bis und mit 79 aufgestellte Geschäftsabtheilung kann durch ein Bundesgesez abgeändert werden.

Art. 81. Die Mitglieder des Bundesrathes sind für ihre Verrichtungen verantwortlich. Ein Bundesgesez wird alles, was auf diese Verantwortlichkeit Bezug hat, näher bestimmen.

Art. 82. Die Tagaszung wird eine Geschäftsordnung für den Bundesrath erlassen.

C. Bundeskanzlei.

Art. 83. Eine Bundeskanzlei besorgt die Kanzleigeschäfte bei der Tagsazung und dem Bundesrath.

Art. 84. Die höhern Kanzleibeamten, nämlich der Kanzler, der Vicekanzler und der Archivar, werden von der Tagsazung ernannt. Sie dürfen gleichzeitig keine andern Stellen oder Beamtungen im Dienste der Eidgenossenschaft oder in den Kantonen bekleiden.

Art. 85. Ein Bundesgesez wird die Verrichtungen und die nähere Organisation der Bundeskanzlei, sowie die Wahlart, Amtsdauer und Verantwortlichkeit der höhern Kanzleibeamten bestimmen.

D. Bundesgericht.

Art. 86. Zur Ausübung der Rechtspflege in Bundessachen wird ein Bundesgericht aufgestellt.

Art. 87. Das Bundesgericht besteht aus einem Präsidenten, acht Richtern und vier Ersazmännern.

Art. 88. Für die Wahl des Bundesgerichts hat jeder Kanton zwei Personen, die eine aus dem eigenen, die andere aus einem andern Kanton vorzuschlagen.

Aus den Vorgeschlagenen ernennt die Tagsazung die neun Mitglieder des Bundesgerichts und die vier Ersazmänner; jedoch darf nie mehr als eine Person aus dem nämlichen Kanton erwählt werden.

Art. 89. Von der Wählbarkeit sind ausgeschlossen: die Mitglieder des Bundesraths, sowie die übrigen Bundesbeamten.

Andere Ausschlußgründe wird ein Bundesgesez bestimmen.

Art. 90. Die Amtsdauer der Mitglieder und Ersazmänner des Bundesgerichts ist auf sechs Jahre festgesezt.

Art. 91. Die Mitglieder des Bundesgerichts werden je zu drei Jahren zur Hälfte erneuert. Die austretenden Mitglieder sind stets wieder wählbar. Für Vorschlag und Wahl ist nach Art. 88 zu verfahren.

Art. 92. Die in der Zwischenzeit abgehenden Mitglieder des Bundesgerichts werden nur für die noch übrige Amtsdauer ersezt. Für Vorschlag und Wahl gelten auch in diesen Fällen die Vorschriften von Art. 88.

Art. 93. Der Präsident des Bundesgerichts wird von der Tagsazung aus dessen Mitgliedern gewählt. Seine Amtsdauer ist auf drei Jahre bestimmt. Der abtretende Präsident ist stets wieder wählbar.

Art. 94. Das Bundesgericht wählt aus seiner Mitte den Vicepräsidenten und bestellt die Kanzlei.

Art. 95. Das Bundesgericht versammelt sich zu Erledigung vorhandener Geschäfte ordentlicher Weise jährlich in bestimmten Fristen, außerordentlicher Weise in Folge besonderer Einberufung durch seinen Präsidenten, auf Einladung des Bundesraths oder auf Weisung der Tagsazung.

Art. 96. Die Mitglieder des Bundesgerichts beziehen keinen Gehalt, sondern werden für ihre Verrichtungen durch Taggelder aus der Bundescasse entschädigt.

Art. 97. Das Bundesgericht entscheidet als Civilgericht:
a. Über Streitigkeiten zwischen den Kantonen.
    Das Bundesgericht kann von jeder Kantonsregierung auch im Interesse von Privatpersonen und Corporationen des eigenen Kantons gegen die Regierung eines andern Kantons wegen Verweigerung oder Verlezung bundesgemäßer Rechte angerufen werden.
b. Über Streitigkeiten zwischen dem Bundesrath und einem Kanton, auf Überweisung der Tagsazung.
c. Bei bewaffnetem Einschreiten des Bundes (Art. 47, 6) und zwar ausschließlich in Folge einer mit Ermächtigung der Tagsazung geschehenen Überweisung des Bundesraths, über Fälle von Verlezung der Kantonsverfssung durch die Behörden des betreffenden Kantons.
d. Über Streitigkeiten in Bezug auf Heimatlosigkeit (Art. 37).

Art. 98. Das Bundesgericht urtheilt als Criminalgericht:
a) in Fällen, wo die Tagsazung Mitglieder des Bundesraths oder andere eidgenössische Beamte in Anklagestand versezt;
b) über Fälle von Hochverrath gegen die Eidgenossenschaft, von Aufruhr und Gewaltthat gegen die Bundesbehörden;
c) über Verbrechen gegen das Völkerrecht;
d) über Verbrechen von Militärpersonen im Fall von Aufstellung eidgenössischer Truppen, insofern als die Beurtheilung solcher Verbrechen durch das künftige Strafgesezbuch für das Bundesheer dem Bundesgericht ausdrüklich wird übertragen worden sein;
e) über politische Verbrechen, die Ursache oder Folge derjenigen Unruhen sind, durch welche das eidgenössische Einschreiten veranlaßt worden ist, insofern nämlich die jener Verbrechen beklagten Individuen die Überweisung an das Bundesgericht verlangen; in diesem Fall wird das Gericht die Strafgeseze des Kantons anwenden, wo die Verbrechen verübt worden sind.

Der Tagsazung steht das Recht zu, hinsichtlich aller jener Verbrechen eine Amnestie Namens der Eidgenossenschaft auszusprechen.

Ist indeß die Amnestie eidgenössischer Seits nicht erfolgt, so haben die Behörden des Kantons, wo die Verbrechen verübt worden sind, dennoch und unter allen Umständen das Recht, zu Gunsten der Urheber der erwähnten Verbrechen eine Amnestie zu erlassen und diejenigen unter ihnen zu begnadigen, welche vom Bundesgericht verurtheilt worden sind.

Art. 99. Bundesgeseze werden, in Ausführung der Art. 95, 97 und 98 bestimmen:
a) die Geschäftsordnung des Bundesgerichts;
b) die Aufstellung eines Staatsanwalts bei eintretenden Fällen und dessen Verrichtungen;
c) das gesammte Rechtsverfahren, sowie insbesondere die für den beklagten Theil erforderlichen Garantien; zu diesen gehören nothwendig das mündliche und öffentliche Verfahren und das Recht freier Vertheidigung;
d) die einzelnen Verbrechen, deren Beurtheilung dem Bundesgericht zusteht, die Strafen und den von Seite der Fehlbaren zu leistenden Schadenersaz;
e) die Gerichtsgebühren, zu Handen der Bundescasse.

E. Sitz der Bundesbehörden.

Art. 100. Die Tagsazung versammelt sich in Lucern, als der Bundesstadt. Am gleichen Ort hat der Bundesrath seinen bleibenden Siz.

Bei eintretender Gefährdung kann der Sitz der Bundesbehörden durch einen Beschluß der Tagsazung oder wenn sie nicht versammelt ist, durch den Bundesrath provisorisch verlegt werden.

Art. 101. In der Bundesstadt Lucern sind nach den diesfalls zu erlassenden reglementarischen Bestimmungen, ohne Kosten für den Bund, anzuweisen und zu unterhalten sowie gehörig mit Feuerung und Licht zu versehen:
a) ein angemessener Saal für die Sizungen der Tagsazung:
b) ein Local für die Sizungen des Bundesraths und allfällige Commissionen;
c) die erforderlichen Bebäulichkeiten für die eidgenössische Kanzlei und das Bundesarchiv;
d) die Wohnungen der drei höhern eidgenössischen Kanzleibeamten.

Art. 102. Der Kanton Lucern übernimmt die Verpflichtung, auf seine Kosten das für den Wachdienst oder für feierliche Anlässe erforderliche Militär zur Verfügung des Landammanns, des Bundesraths und der Tagsazung zu stellen. Diese Truppen stehen unter dem befehl der Bundesbehörde.

Das Nähere wird ein Reglement bestimmen.

Art. 103. Das Bundesgericht darf nicht im nämlichen Kanton Siz halten, wo die übrigen Bundesbehörden sich befinden.

Der betreffende Kanton hat auf seine Kosten für Anweisung, Unterhalt, Heizung und Beleuchtung der dem Bundesgericht nothwendigen Locale zu sorgen.

Dritter Abschnitt.
Revision der Bundesurkunde.

Art. 104. Die Bundesurkunde kann einer Revision unterworfen werden. Es ist aber kein Antrag auf Revision vor Ablauf von sechs Jahren, von der Annahme der Bundesurkunde an gerechnet, zulässig.

Art. 105. Ein Antrag auf Revision kann von einem oder mehrern Kantonen gestellt sein. Um aber in Berathung kommen zu dürfen, müssen sich, wenn der Antrag auf theiulweise Revision hingeht, wenigstens fünf Kantone, und wenn er eine allgemeine Revision bezwekt, wenigstens acht Kantone mit Angabe der Gründe für denselben erklären.

Art. 106. Der Antrag muß auf einer ordentlichen Tagsazung gestellt, dann an einer folgenden Tagsazung nach Instructionen behandelt werden.

Art. 107. Um die Vornahme einer Revision zu beschließen, sind bei der theilweisen Revision die absolute Mehrheit, bei der allgemeinen Revision zwei Drittheile der Kantonsstimmen erforderlich.

Art. 108. Die Vorarbeiten werden einer Commission überweisen, welche die Tagsazung frei, inner oder außer ihrer Mitte, erwählt.

Diese Commission soll, falls keine allgemeine Revision beschlossen worden ist, nur die ursprünglich zur Revision vorgeschlagenen und die mit denselben in nothwendiger Verbindung stehenden Artikel untersuchen.

Art. 109. Die Commissionsarbeit wird von einer ordentlichen oder außerordentlichen Tagsazung ohne Instructionen in Bearthung gezogen, das Ergebniß dieser Verhandlung den Kantonen mitgetheilt und über dasselbe auf einer folgenden Tagsazung nach Instructionen berathen und abgestimmt.

Art. 110. Die auf solche Weise revidirte Bundesurkunde kann für die beitretenden Kantone erst dann in Kraft erwachsen, wenn sie die Sanction von zwei Drittheilen der Kantone erhalten hat.

    Die nachbenannten XXII Kantone erneuern mittelst gegenwärtiger Urkunde den Bunde schweizerischer Eidgenossenschaft. Sie erklären, denselben nach der Väter Sitte, in steter Erfüllung aller Pflichten gegen das gemeinsame theure Vaterland, in Glük und Unglük, als Brüder und Eidgenossen treu und wahr zu halten.

    Also in Kraft habender Vollmachten unterzeichnet, besiegelt und beschworen ect.

 

Übergangsbestimmungen.

Art. 1. Der Bundesentwurf, wie er von der auf den 11. März 1833 nach Zürich außerordentliche einberufenen Tagsazung revidirt und berathen ist, soll unverweilt, sowie das Protocoll der dießfälligen Verhandlungen, durch den Vorort den Kantonsregierungen zugesendet werden.

Art. 2. Die Kantone sind eingeladen, ihre Berathung über Annahme und Vollziehung des Bundesentwurfs seinem ganzen Inhalte nach so zu veranstalten, daß ihre endliche Entschließung längstens bis auf den 1. des künftigen Augstmonats erfolge.

Art. 3. Der Vorort ist beauftragt, die Stände auf geeignete Weise aufmerksam zu machen auf den dermaligen Zustand der Schweiz, sowie auf die dringende Nothwendigkeit, sich so schnell als möglich um einen Grundvertrag zu vereinigen, bei dessen Berathung das allseitige Streben einzig dahin gerichtet war, die Forderungen des gemeinsamen Vaterlandes mit den Rechten, Bedürfnissen und Ansichten der verschiedenen Stände bestmöglich auszugleichen und zu vereinbaren.

Art. 4. Die Abstimmung über die Annahme des Bundes ist in jedem Kanton nach den von der obersten Behörde desselben selbst festzusezenden Bestimmungen anzuordnen.

Art. 5. Die Stände, die sich nach Art. 3 für die Annahme des Bundes erklären, haben dieses Ergebniß sogleich sowohl dem Vorort als den sämmtlichen Mitständen zur Kenntniß zu bringen und gleichzeitig ihre Abgeordneten mit den erforderlichen Instructionen und Vollmachten zu versehen:
a) um die Bundesurkunde zu unterzeichnen, zu besiegeln und zu beschwören;
b) um als Tagsazung in Kraft und nach Vorschrift des neuen Bundes sich zu constituiren und diesem zufolge sowohl die betreffenden Wahlen vorzunehmen als jene Bundesgeseze, Reglemente und Maßregeln zu beschließen, welche, um den neuen Bund in Vollziehung und Wirksamkeit zu sezen, erforderlich sind;
c) um einstweilen nach Anleitung des in Lucern entworfenen und den Ständen bereits mitgetheilten Tagsazungsreglements bis zur Berathung und Annahme eines neuen zu handeln und zu berathen;
d) um den Vorort Zürich bis zur Einsezung des Bundesraths zur fernern Leitung der Bundesangelegenheiten und zum Vorsiz in der Tagsazung zu ermächtigen.

 

Der vorstehende Entwurf wurde gemäß dem Bundesvertrag von 1815 den Kantonen zur Ratifizierung vorgelegt, scheiterte jedoch bereits im Juli 1833 im Kanton Luzern.
 


Quellen: Repertorium der Abschiede der eidgenössischen Tagsazungen aus den Jahren 1814 bis 1848, 2. Band, Bern 1876, S. 704
© 31. Mai 2005 - 3. Juni 2005
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