"Verfassung" des Cantons Glarus

Erklärung des hohen Standes Glarus über die Grundsätze der Verfassung

vom 3. Juli 1814

aufgehoben durch
Verfassung vom 2. Oktober 1836

Die Regierung des hohen Standes Glarus hat der eidsgenössischen Tagsatzung im Jahre 1815 die nachstehende Erklärung über die Grundsätze der Verfassung dieses Cantons eingereicht.

Wir Landamman und Rath und gemeine Landleute des gemeineidsgenössischen Cantons Glarus in der Schweiz:

in Folge der Bestimmung des Bundesvertrags, daß die Verfassung der einzelnen hohen Stände der hohen Tagsatzung eingegeben und in das Archiv abgelegt werden sollen -

erklären hiermit:

daß wir zwar nie eine in Urkund geschriebene Verfassung unsers Cantons gehabt haben; daß aber durch Jahrhunderte lange Übung, durch allmählige Berichtigungen und durch die zwischen beiden Religionstheilen zu Stande gekommenen Verträge, allmählich diejenige Verfassung entstanden ist, die nach dem Landsgemeind-Memorial vom 21. Juni 1814 auf nachfolgenden Grundsätzen beruht, und die wir unter dem Schutze des Allerhöchsten unsern Nachkommen unverändert übertragen wollen.

1. Die souveraine, oberste Gewalt des gemeineidsgenössischen Standes Glarus steht der gemeinen Landsgemeinde zu.

2. Die Landsgemeinden jeder Religion treffen nach bisheriger Übung die ihnen zustehenden Wahlen, und verfügen über die Angelegenheiten jedes Religionstheils.

3. Der gemeine Rath, so wie der evangelische und der katholische Rath, behalten ihre ehemaligen Verrichtungen, Einrichtungen und Wahlart.

4. Die Standeshäupter, der Landamman und Landstatthalter, so wie die sämmtlichen Schrankenämter, werden, wie bis anhin, theils von jedem Theil, theils abwechsend von beiden Religionstheilen gewählt. Eben so bleibt es für sämmtliche Landesdienste bei der bisherigen Abtheilung.

5. Die Gerichtsstäbe, nämlich die beiden Neunergerichte, die Fünfergerichte, das Augenscheingericht, so wie die vermischten Gerichte in Streitsachen zwischen Angehörogen beider Glaubensbekenntnisse, das Appellationsgericht und das evangelische Chorgericht, sprechen nach Inhalt unserer Landesgesetze in allen Streitfällen ab.

6. Die gänzliche Religionsfreiheit beider Glaubensbekenntnisse und die freie Ausübung des katholischen und evangelischen Gottesdienstes ist in den Orten, wo der eine oder andere ausgeübt wird, feierlichst gewährleistet.

    In Allem bleibt es bei unsern wohlhergebrachten Übungen, Landesgesetzen und Landesverträgen, und uns und unsern Nachkommen unbenommen und unvorbehalten, diejenigen Abänderungen zu treffen, die Landamman und Rath und sämmtliche Landleute der Ehre und dem Vortheil unsers Standes zuträglich erachten werden.

    Urkundlich dessen haben wir diese Erklärung in behöriger Form ausfertigen und mit unserm Cantonssiegel versehen lassen.

    Gegeben Glarus, den 3. Juli 1814

Landamman und Rath und gemeine Landleute des gemeineidsgenössischen Cantons Glarus in der Schweiz:
In deren Namen:

Niklaus Heer,
Landamman.

Carl Burger,
Landstatthalter.

Brunner,
Landschreiber.

Wie in Uri auch, war die Verfassung von Glarus von 1814 nichts anderes als eine Bestätigung der Verfassung von vor 1798, die auch damals schon eine direktdemokratische war.
 


Quellen: K.H.L. Pölitz, Die europäischen Verfassungen seit dem Jahre 1789, Brockhaus Leipzig 1833
© 21. Mai 2005 - 7. Januar 2006
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