Urkunde, betreffend die Aufnahme der Republik Wallis als Kanton in den eidgenössischen Bund

vom 4. August 1815.

Wir die Gesandten der Kantone der Schweiz auf der eidgenössischen Tagsatzung in unserer Bundesstadt Zürich außerordentlich versammelt, thun kund und zu wissen, hiemit:

Daß, nachdem der zwischen der eidgenössischen Tagsazung und dem Landrath von Wallis wegen endlicher Vereinigung dieses Freistaats mit der Schweiz und dessen förmlicher Aufnahme in den eidgenössischen Bund errichtete Vertrag, welcher von Wort zu Wort also lautet:

Vereinigungsurkunde.

Da die Tagsazung der schweizerischen Eidgenossenschaft bereits unterm 12. Herbstmonat 1814 beschlossen hat, in das Begehren der Republik Wallis einzuwilligen und dieselbe als Kanton in den Schweizerbund aufzunehmen, und für nothwendig erachtet, diese endliche Vereinigung nicht länger aufzuschieben, welche für beide Theile gleich vortheilhaft und geeignet ist, die seit Jahrhunderten gegenseitig bestandenen freundschaftlichen Verhältnisse durch eine völlige Gemeinschaft der Schiksale und Interessen immer mehr zu befestigen;

So hat die beidseitigen Bevollmächtigten, nämlich

Im Namen der Tagsazung der schweizerischen Eidgenossenschaft, die Hochgeachteten Herren:
    Niklaus Friedrich von Mülinen, Schultheiß der Stadt und Republik Bern und Gesandter dieses Standes auf der gemeineidgenössischen Tagsazung, - und
    Vincenz von Rüttimann, Schultheiß der Stadt und Republik Lucern und Gesandter dieses Standes auf der gemeineidgenössischen Tagsazung, - bezeichnet,

und im Namen der Republik Wallis die Hochgeachteten Herren:
    Baron Caspar Eugen von Stockalper, gewesener Landeshauptmann, und
    Michael Dufour, gewesener Staatsrath und wirklicher Großrichter beim obersten Gericht, -

denenigen Vereinigungsact abgeschlossen und unterzeichnet haben, dessen Inhalt hier folgt:

Art. 1. Die Republik Wallis wird als Kanton in die schweizerische Eidgenossenschaft aufgenommen. Sie nimmt ihren Rang nach dem Kanton Waadt und ist der zwanzigste Stand der Schweiz.

Art 2. Der Kanton Wallis tritt allen Bestimmungen des Bundesvertrags bei, und wird denselben gleich anderen Ständen der Schweiz beschwören helfen.

Art. 3. Er stellt sein Contingent zur eidgenössischen Armee in dem für alle übrigen Stände angenommenen Verhältniß von zwei Mann auf hundert Seelen der ganzen Bevölkerung, nach welchem Maßstab auf vierundsechzigtausend Seelen das Contingent zwölfhundert und achtzig Mann betragen soll.

Art. 4. In Rücksicht der beschränkten öconomischen Lage des Walliservolkes und des vielfachen Unglüks, welches im Jahr 1798 und seither dasselbe betroffen hat, willigt die schweizerische Eidgenossenschaft ein, daß sein Geldcontingent nach einem Mittelfuß zwischen den Kantonen erster und zweiter Classe berechnet und aus neuntausendsechshundert Schweizerfranken bestimmt werde. Durch diese Bestimmung und durch jene im vorhergehenden Artikel soll indeß der durch den dritten Artikel des Bundesvertrags vorbehaltenen Revision der Beiträge an Mannschaft und Geld nicht vorgegriffen sein.

Art. 5. Durch die Ratification des gegenwärtigen Acts soll die Vereinigung vollendet und definitiv auf ewige Zeiten abgeschlossen sein.

    Also geschehen und unterzeichnet in Zürich den 4. Augstmonat im Jahr ein Tausend acht Hundert und fünfzehn (1815)

Nikolaus Friedrich von Mülinen,
Schultheiß der Stadt und Republik Bern.

Vinzenz Rüttimann,
Schultheiß der Stadt und Republik Lucern.

Caspar Eugen Stockalper,
Gesandter von Wallis.

Michel Dufour,
Député du Valais, -

Die Genehmigung beider contrahirenden Theile, nämlich auf der einen Seite diejenige der hohen Regierungen und souveränen Behörden der XXI. Stände der Schweiz, also Zürich, Bern, Lucern, Uri, Schwyz, Unterwalden ob dem Wald, Glarus, Zug, Freiburg, Solothurn, Basel, Schaffhausen, Appenzell Außer-Rhoden, St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin, Waadt, Neuenburg und Genf, laut ihren im Protokoll der eidgenössischen Tagsazung enthaltenen Erklärungen, - und auf der andern diejenige des Landraths der Republik Wallis nach der amtlichen Anzeige des Staatsraths vom 8. Juli 1815, erhalten hat, - Wir zum Beweis, daß gedachter Vereinigungsact unbedingt ratificirt worden sei, daß er gewissenhaft erfüllt und aufrecht erhalten werden, und die dadurch erzielte Aufnahme des schweizerischen Kantons Neuenburg in den eidgenössischen Bund auf einer festen unabänderlichen Grundlage auf ewige Zeiten beruhen solle, gegenwärtige Urkunde in duplo haben ausfertigen und mit den Unterschriften unsers Präsidenten und des eidgenössischen Kanzlers, sowie auch mit dem bisherigen schweizerischen Staatssiegel versehen lassen, in Zürich den vierten August, im Jahr ein Tausend acht Hundert und fünfzehn (4. August 1815).

Im Namen der Eidgenössischen Tagsatzung:
Der Burgermeister des Kantons Zürich;
Präsident derselben,
David von Wyß.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft,
Mousson.

 


Quellen: Repertorium der Abschiede der eidgenössischen Tagsazungen aus den Jahren 1814 bis 1848, 2. Band, Bern 1876, S. 850
© 29. Mai 2005


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