Fünfzehntes Capitel der "Mediationsverfassung"

Verfassung des Cantons Unterwalden

vom 19. Februar 1803

aufgehoben durch
Übereinkunft vom 29. Dezember 1813

1. Der Canton Unterwalden wird in zwei Theile getheilt, nämlich: in Obwalden und Nidwalden. Das Gebiet von Engelberg bleibt dem Nidwaldner Lande einverleibt. Die beiden Landschaften werden sich über ihre Verhältnnisse in dieser Rücksicht verständigen, und, im Falle des Zwistes, entscheidet die eidgenössische Behörde.

Es kann zwischen den Bürgern von Engelberg und denen des alten Gebietes kein Unterschied obwalten, und es findet Gleichheit der Rechte zwischen Ob- und Nidwalden Statt. Sarnen ist Hauptort des erstern, Stanz vom letztern.

2. Die Gränzlinien beider Länder und ihre gegenseitige Unabhängigkeit werden hergestellt; jedes von ihnen ernennt für sich einen Deputirten zur Tagsatzung.

Die katholische Confession ist die Religion beider Länder des Cantons.

3. Die Souverainetät jedes Theils des Cantons wohnt der Landsgemeinde bei.

4. Die Landsgemeinde, bestehend aus Bürgern von 20 Jahren, genehmigt oder verwirft die ihr vom Landrathe vorgelegten Gesetzesvorschläge.

Es kann kein anderer Punct in Berathung genommen werden, als nachdem er einen Monat zuvor dem kleinen Rathe mitgetheilt und mit dessen Gutachten begleitet worden ist.

Die außerordentlichen Landsgemeinden können nur über Gegenstände, weshalb sie berufen worden sind, berathschlagen.

5. Die Vorsteher beider Länder, nämlich: die vier Landammänner, der Statthalter, der Bannerherr, der Seckelmeister, der Bau- und Zeugherr, die beiden Hauptleute, die beiden Fähndriche und der allgemeine Waisenvormund werden mit denselben Rechten, nach derselben Weise, und mit denselben Vorrechten, wie vormals erwählt, und bleiben dieselbe Zeit im Amte.

6. In Obwalden behalten ihre alten Geschäfte, dieselbe Verfassung und dieselbe Weise der Erwählung: der Landrath, der zweifache und dreifache Landrath, der Kirchenrath, die Siebner-Gerichte und das Landesgeschwornen-Gericht.

Desgleichen in Nidwalden der Landrath, der zweifache und dreifache Landrath, die Urti-Rathsherren, der Wochenrath, die Civilgerichte erster Instanz, das Appellationsgericht, und das Landgeschwornen-Gericht.

Jedoch bleiben die Civilordnungen und Municipalrechte des Gebietes Engelberg provisorisch bestehen.

7. Es wird in der alten Criminal-, Corrections-Justizverwaltung nichts verändert.

8. Alle Behörden müssen sich nach den Grundsätzen der Föderalacte richten.

Der Canton Unterwalden kann keine directe oder indirecte Verbindung mit einem andern Canton oder mit fremden Mächten anders, als nach den Formen der eidgenössischen Föderalacte eingehen.

 

Faktisch ist die Verfassung eine Bestätigung der ungeschriebenen Verfassungen der beiden Teile Unterwaldens von vor 1798. Nur die Konföderations- oder Bundesakte wird als höher stehendes Recht bezeichnet.

Dem Kanton Unterwalden wurde gebietsmäßig gegenüber dem Jahr 1798 allein das Hochtal mit Engelberg, das bis dahin eine gemeine Herrschaft (die Landschaft) und ein zugewandter Ort (Abtei) gleichzeitig war, angeschlossen. 1798 wurde Engelberg gemeinsam mit den 3 Urkantonen zum Kanton Waldstätten zusammengeschlossen, 1801/02 kam es dann zum wieder selbständigen Halbkanton Nidwalden und ist seit 1815 beim Halbkanton Obwalden.
 


Quellen: K.H.L. Pölitz, Die europäischen Verfassungen seit dem Jahre 1789, Brockhaus Leipzig 1833
Nabholz/Kläui, Quellenbuch zur Verfassungsgeschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Kantone, Verlag H.R.Sauerländer & Co., Aarau, 1940
© 11. Mai 2005

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