Verfassungsdekret der Republik und des Kantons Tessin
über die Wahl des Grossen Rates und des Staatsrates

vom 17. Oktober 1927

geändert durch
Verfassungsdekret vom 11. November 1934

aufgehoben durch
Verfassungsdekret vom 9. Dezember 1934

 

Der grosse Rath
der Republik und des Kantons Tessin

verordnet:

Art. 1. Der durch die Dekrete vom 18. Juli 1904, vom 12. Juli 1916, vom 4. Oktober 1920 und vom 6. September 1922 geänderte Art. 3 der Kantonsverfassung vom 2. Juli 1892 wird durch die nachfolgende Bestimmung ersetzt:

Art. 3. Die Ernennung der Abgeordneten in den Grossen Rat und in den Verfassungsrat findet in einem, den gesamten Kanton umfassenden Wahlkreis nach dem proportionalen Wahlsystem statt.

Die Listen dürfen nicht weniger als 20 Kandidaten enthalten.

Die Zuweisung der Sitze an die verschiedenen Parteien erfolgt durch eine Abstimmung, wobei der Wähler seine Stimme mittels Stimmzettels abgibt, der einzig die gedruckte Benennung der Partei, welcher er seine Stimme geben will, und den Hinweis auf die vorzunehmende Wahl enthalten soll.

Der Parteistimmzettel muss für alle Parteien gleichförmig sein.

Die Reihenfolge der Wahl der Kandidaten  wird durch eine zweite und gleichzeitig stattfindende Abstimmung festgestellt, wobei der Wähler seine Stimme nur mehr den Kandidaten einer einzigen Parteiliste geben kann.

Bei der Abstimmung hat der Wähler die amtlichen Umschläge zu verwenden, die ihm vom Wahlbureau zugestellt wurden.

Das Nähere über die Stimmabgabe sowie über den Druck, das Papier, die Form des Stimmzettels und die amtlichen Umschläge wird durch Gesetz und Reglement geordnet.

Die Verteilung der Mandate erfolgt auf Grund eines Wahlquotienten, der ermittelt wird aus der Summe der Parteistimmen einschliesslich der Zusatzstimmen dividiert durch 65.

Die Parteien, die den Wahlquotienten nicht erreicht haben, sind an der Verteilung der Mandate nicht zu beteiligen.

Die Abgeordneten, welche nicht den ganzen Wahlquotienten erreicht haben, werden denjenigen Parteien zugeteilt, welche die grössten Bruchteile aufweisen.

Das Recht der verschiedenen Parteien auf eine Vertretung nach Landesteilen ist anerkannt. Zu diesem zwecke werden die folgenden Kreise gebildet:
    1. Distrikt von Mendrisio.
    2. Die Kreise von Lugano, Ceresio, Carona und Pregassona.
    3. Die Kreise von Tesserete, Sonvico, Vezia und Taverne.
    4. Die Kreise von Agno, Magliasina, Sessa und Breno.
    5. Valle Maggia.
    6. Distrikt von Locarno.
    7. Bellinzona.
    8. Riviera.
    9. Blenio.
  10. Leventina.

Jede Partei ist berechtigt, in der Wahlliste einzelne Kandidaten für einen bestimmten Kreis vorzuschlagen, In diesem Falle wird nach Ermittlung der einer Partei für den ganzen Kanton zukommenden Sitze in jedem Kreise, für den die Partei Kandidaten vorgeschlagen hat, eine Anzahl Sitze im Verhältnis der in diesem Kreise von der Partei erlangten Stimmen zugeteilt. Für diese Zuweisung der Sitze nach Kreisen findet der für den ganzen Kanton für die Verteilung der Mandate unter die Parteien gemäss Absatz 4 dieses Artikels ermittelte Wahlquotient Anwendung.

Für jeden Kreis werden diejenigen Kandidaten, die für ihn vorgeschlagen worden sind, als gewählt erklärt, die die meisten Stimmen erhalten haben.

Wenn nach der Verteilung der Mandate nach Kreisen einer Partei zukommende Sitze nicht besetzt sind, so werden die nicht für einen Kreis vorgeschlagenen Kandidaten als gewählt erklärt, welche die meisten Stimmen erhalten haben. Fehlen solche, so sind die unbesetzten Sitze den grössten Bruchteilen an Stimmen in den Kreisen zuzuteilen.

§ 1. Die Mitglieder des Grossen Rates stehen vier Jahre im Amt und sind immer wieder wählbar.

§ 2. Die Gesamterneuerung des Grossen Rates findet alle vier Jahre jeweilen am letzten Sonntag im Januar statt.

§ 3. Ersatzwahlen für nicht mehr als zwei Abgeordnete erfolgen nach dem System der absoluten Mehrheit.

§ 4. La legge di applicazione del presente articolo costituzionale stabilirà le ulteriori modalità per l'esercizio del voto proporzionale.

Durch das Verfassungsdekret vom 11. November 1934 wurde der Art. 3 der Kantonsverfassung vom 2. Juli 1892 erneut neu gefasst und somit der vorstehende Art. 1 aufgehoben.

Art. 2. Der durch die Dekrete vom 18. Juli 1904,vom 4. Oktober 1920 und vom 6. September 1922 geänderte Art. 15 der der Kantonsverfassung vom 2. Juli 1892 wird durch die nachfolgende Bestimmung ersetzt:

Art. 15. Die vollziehende Gewalt wird von einem aus fünf Mitgliedern bestehenden Staatsrat ausgeübt, der vom Volke direkt in einem aus dem ganzen Kanton bestehenden Wahlkreise nach dem Verhältniswahlverfahren gewählt wird.

Die Zuweisung der Sitze an die verschiedenen Parteien erfolgt durch eine Abstimmung, wobei der Wähler seine Stimme mittels Stimmzettel abgibt, der einzig die gedruckte Benennung der Partei, welcher er seine Stimme geben will, und den Hinweis auf die vorzunehmende Wahl enthalten soll.

Der Parteistimmzettel muss für alle Parteien gleichförmig sein.

Die Reihenfolge der Wahl der Kandidaten wird durch eine zweite und gleichzeitig stattfindenden Abstimmung festgestellt, wobei der Wähler seine Stimme nur mehr den Kandidaten einer einzigen Parteiliste geben kann.

Bei der Abstimmung hat der Wähler die amtlichen Umschläge zu verwenden, die ihm vom Wahlbureau zugestellt wurden.

Das Nähere über die Stimmabgabe sowie über den Druck, das Papier, die Form des Stimmzettels und die amtlichen Umschläge wird durch Gesetz und Reglement geordnet.

§ 1. Die Verteilung der Mandate unter die verschiedenen Parteien erfolgt auf Grund eines Wahlquotienten, der ermittelt wird aus der Summe der Parteistimmen dividiert durch 5.

Die Restmandate erhalten diejenigen Parteien, welche die grössten Reste aufweisen, jedoch unter Beobachtung der folgenden Bestimmungen:
a. Die Partei, die das absolute Mehr der Wähler nicht erreicht hat, kann nicht mehr als zwei Sitze beanspruchen;
b. der Partei, die das absolute Mehr der Wähler erreicht hat, können nicht weniger als drei Sitze zugeteilt werden.

Zur Ermittlung des absoluten Mehrs werden die leeren Stimmzettel nicht mitgerechnet.

§ 2. Die Gesamterneuerungs-Wahlen des Staatsrats finden alle vier Jahre je am letzten Sonntag im Januar statt. Bei den Ersatzwahlen für nicht mehr als zwei Staatsräte beschließt die absolute Mehrheit.

§ 3. Die Mitglieder des Staatsrats stehen vier Jahre im Amt und sind immer wieder wählbar. Keines von ihnen kann gleichzeitig als Abgeordneter den Eidgenössischen Räten angehören.

§ 4. Der Staatsrat ernennt aus seiner Mitte für ein Jahr einen Präsidenten, einen Vizepräsidenten und einen Staats-Sekretär. Der Präsident ist nicht sofort wieder wählbar.

§ 5.Dem Volke wird das Recht der Abberufung des Staatsrats eingeräumt. Das Gesetz stellt deren Ausübung fest.

Übergangs- und Aufhebungsbestimmungen.

Fassung unbekannt.

    Bellinzona, den 6. September 1922.

Für den Grossen Rat:
Der Präsident


Quellen: Schweizerisches Bundesblatt 1927 S. 601
© 1. Juli 2005 - 2. Juli 2005
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