Beschluß der Tagsatzung
über die
Einführung der neuen Bundesverfassung

vom 14. September 1848

Die eidgenössische Tagsatzung,

Nach Ansicht und in Vollziehung des Art. 3 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft, wie dieselbe aus den Berathungen der Tagsatzung vom 15. Mai bis und mit dem 27. Brachmonat 1848 hervorgegangen und durch Schlußnahme der gleichen Behörde vom 12. Herbstmonat laufenden Jahres als durch die überwiegende Mehrheit sowohl der Kantone als der schweizerischen Bevölkerung förmlich angenommen erklärt worden ist; -

Erwägend, daß es kraft und in Gemäßheit des erwählten Art. 3 der Tagsatzung obliegt, zur Einführung der neuen Bundesverfassung, sobald sie dieselbe als angenommen erklärt hat, sofort und unmittelbar die erforderlichen Bestimmungen zu treffen, -

beschließt, was folgt:

Art. 1. Nach Vorschrift des Art. 60 der Bundesverfassung werden die Kantone eingeladen, die Mitglieder des Nationalrathes sowohl, als diejenigen des Ständerathes zu wählen.

Art. 2. In Folge der Bestimmungen des Art. 61 der Bundesverfassung hat in den Nationalrath zu wählen:
 

Der Kanton

   

Auf Einwohner.

 

Mitglieder

Zürich    

231,576 .

 

12

Bern  

 

407,913 .

 

20

Luzern    

124,521 .

 

  6

Uri    

13,519 .

 

  1

Schwyz    

40,650 .

 

  2

Unterwalden ob dem Wald    

12,368 .

22,571

1

  2

nid dem Wald

10,203 .

1

Glarus    

29,348 .

 

  1

Zug    

15,322 .

 

  1

Freiburg    

91,145 .

 

  5

Solothurn    

63,196 .

 

  3

Basel Stadt

24,321 .

65,424 .

1

  3

Land

41,103 .

2

Schaffhausen    

32,582 .

 

  2

Appenzell Außer-Rhoden

41,080 .

50,876 .

2

  3

Inner-Rhoden

9,796 .

1

St. Gallen    

158,853 .

 

  8

Graubünden    

84,506 .

 

  4

Aargau    

182,755 .

 

  9

Thurgau    

84,124 .

 

  4

Tessin    

113,923 .

 

  6

Waadt    

183,582 .

 

  9

Wallis    

76,590 .

 

  4

Neuenburg    

58,616 .

 

  3

Genf    

58,666 .

 

  3

     

2,190,258 .

 

111 .

Art. 3. In den Ständerath, der aus 44 Mitgliedern besteht, wählt nach Art. 69 der Bundesverfassung:
 

Der Kanton

   

Mitglieder

Zürich    

2

Bern    

2

Luzern    

2

Uri    

2

Schwyz    

2

Unterwalden ob dem Wald    

1

2

nid dem Wald

1

Glarus    

2

Zug    

2

Freiburg    

2

Solothurn    

2

Basel Stadt

1

2

Land

1

Schaffhausen    

2

Appenzell Außer-Rhoden

1

2

Inner-Rhoden

1

St. Gallen    

2

Graubünden  

 

2

Aargau    

2

Thurgau    

2

Tessin    

2

Waadt    

2

Wallis    

2

Neuenburg    

2

Genf    

2

     

44 .

Art. 4. Jedem Kanton bleibt für dieß Mal überlassen, einen oder mehrere Wahlkreise zu bilden, in welchen die ihm zufallenden Mitglieder des Nationalrathes gewählt werden.

Art. 5. Für die Wahlen in den Nationalrath, welche direkte Volkswahlen sein sollen, gelten in Bezug auf Stimmberechtigung, Wahlfähigkeit, Amtsdauer u. s. w. die in Art. 62, 63, 64, 65 und 66 enthaltenen Bestimmungen der Bundesverfassung.

Art. 6. Die Wahlen der Mitglieder in den National- und Ständerath sind in allen Kantonen sofort vorzunehmen.

Art. 7. Jedem gewählten Mitgliede des Nationalrathes ist ein von der betreffenden Kantonalbehörde unterzeichneter Wahlakt auszustellen, den der Gewählte vor der Konstituirung der Behörde zum Zweck der Erwahrung der Wahlakten abzugeben hat.

Art. 8. Die Kantonsregierungen haben gleich nach den erfolgten Wahlen dem Vororten zu Handen des Nationalrathes sowohl als des Ständerathes die Namen der Gewählten mitzutheilen.

Art. 9. Die Eröffnung beider Räthe findet Montags den 6. November laufenden Jahres in Bern statt. Die Abgeordneten beider Räthe haben sich am genannten Tag ohne weitere Einladung daselbst einzufinden. Morgens 9 Uhr wird der Eröffnung vorgängig ein feierlicher Gottesdienst für die Mitglieder beider Konfessionen stattfinden, wofür der Vorort die geeigneten Anordnungen zu treffen hat.

Art. 10. Unter Leitung je des ältesten Mitgliedes werden in beiden Räthen zuerst die erforderlichen Stimmenzähler ernannt und die Wahlakten der Mitglieder erwahrt. Alsdann wird jeder der beiden Räthe mittelst geheimen und absoluten Mehrs den Präsidenten aus seiner Mitte wählen (Art. 67 und 71 der Bundesverfassung).

Art. 11. Der Vorort wird für das Sitzungslokal und die Bedienung des Nationalrathes und des Ständerathes provisorisch sorgen.

Art. 12. Für jedes Mitglied des Nationalrathes wird, bis spätere Bundesbeschlüsse die dießfällige Entschädigung bestimmt haben werden, ein Taggeld von 8 Schweizerfranken festgesetzt. Für die Hinreise in die Bundesstadt, sowie für die Rückreise wird überdieß jedem Mitgliede das im Verhältniß zu seinen Reisestunden stehende Postgeld vergütet.

Art. 13. Sowohl die Tagsatzung als der Vorort, nebst den ihnen untergeordneten Behörden und Beamten, bleiben so lange in ihren Kompetenzen, bis die Bundesversammlung konstituirt und der Bundesrath gewählt sein wird.

Der Bundesrat wurde am 16. November 1848 gewählt und konstituierte sich am selben Tag.

Art. 14. Gegenwärtiger Beschluß soll in einer hinreichenden Anzahl von Exemplaren gedruckt und durch den Vorort sämmtlichen Kantonsregierungen zur Bekanntmachung und Vollziehung mitgetheilt werden.

    Also gegeben in Bern, den 14. Herbstmonat 1848.

Die eidgenössische Tagsatzung;
Namens derselben,

Der Präsident des Regierungsrathes des Kantons Bern,
als eidgenössischer Vorort,
Präsident der Tagsatzung:
Alex. Funk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:
Schieß.

 


Quellen: Bundesgesetzblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft 1849 S. 36
Offizielle Sammlung der das schweizerische Staatsrecht betreffenden Aktenstücke, Bundesgesetze, Verträge und Verordnung seit der Einführung der neuen Bundesverfassung; Stämpflischen Buchdruckerei, Bern 1849

© 4. Juni 2005


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