Tagsazungsbeschluß über definitive Regulierung der politischen Verhältnisse des Kantons Basel

vom 26. August 1833

Die eidgenössische Tagsazung,

in Betrachtung, daß die Beschlüsse der Tagsazung vom 14. Herbstmonat und 5. Weinmonat 1832 über die Angelegenheitne des Kantons Basel, in Folge beharrlichen Widerstandes der Behörden des Kantons Basel-Stadttheil, in ihren wesentlichen Bestimmungen nicht vollzogen worden;

in Betrachtung aber, daß es der Tagsazung nach Art. VIII des Bundesvertrags obliegt, diejenigen allgemeinen Gefahren des Vaterlandes zu beseitigen, von welchen es durch eine längere Fortdauer der Wirren im Kanton Basel bedroht ist, und daß zu diesem ende ein dauerhafter Zustand öffentlicher Ordnung daselbst begründet werden muß;

in Betrachtung, daß die neuesten Ereignisse im Kanton Basel Veränderungen der oben erwähnten Tagsazungsbeschlüsse gebieten, eine Wiedervereinigung beider Landestheile aber in der nächsten Zeit unausführbar geworden ist,

beschließt:

Art. 1. Der Kanton Basel wird in seinem Verhältniß zum Bunde, wie bisanhin, einen einzigen Staatskörper bilden, in Bezug auf die öffentliche Verwaltung hingegen, jedoch unter Vorbehalt freiwillliger Wiedervereinigung, in zwei besondere Gemeinwesen getheilt.

Art. 2. Der eine Landestheil besteht aus der Stadt Basel, mit Inbegriff ihres Stadtbannes, und den am rechten Rheinufer gelegenen Gemeinden des Kantons. Er wird sich Kanton Basel-Stadttheil nennen.

Der andere Landestheil besteht aus dem gesammten übrigen Gebiete des Kantons Basel, mit der Bezeichnung: Kanton Basel-Landschaft.

An dieser Gebietsausscheidung kann keine Veränderung vorgenommen werden.

Art. 3. Jeder der beiden Landestheile wird seine eigene Verfassung haben; diese Verfassungen unterliegen der Anerkennung und Gewährleistung der Eidgenossenschaft.

Art. 4. Die bereits bestehende und eingeführte Verfassung von Basel-Landschaft, wie solche am 27. April 1832 vom Verfassungsrathe in Liestal beschlossen worden, soll ohne Verzug auch in denjenigen Kantonstheilen in Ausführung gebracht werden, welche nach Inhalt der Tagsazungsbeschlüsse vom 14. Herbstmonat und 5. Weinmonat 1832 bei dem Kanton Basel-Stadttheil verblieben sind, laut vorstehendem Artikel 2 aber nunmehr dem Kanton Basel-Landschaft einverleibt werden. Diesen neuen Gebietstheilen wird der Schutz der Eidgenossenschaft gegen jede Verfolgung für frühere politische Handlungsweise zugesichert.

Art. 5. Hinwider ist der Kanton Basel-Stadttheil verpflichtet, sich nach Artikel 3 des gegenwärtigen Beschlusses eine eigene Verfassung zu geben.

ist erfolgt durch die Verfassung vom 3. Oktober 1833.

Art. 6. Sowohl die Einführung der Verfassung von Basel-Landschaft in denjenigen Gemeinden, welche bisdahin zum Kanton Basel-Stadttheil gehört haben, als die Entwerfung und Vorlegung der Verfassung für den Kanton Basel-Stadttheil soll mit aller Beförderung stattfinden. Die eidgenössischen Commissarien sind verpflichtet, zu wachen, daß keinerlei Zögerung eintrete, und werden allfällige Hindernisse durch die ihnen zu Gebote stehenden Mittel beseitigen.

Art. 7. In der Tagsazung sollen beide Landestheile in gleichen Rechten repräsentirt werden. Den Vorsitz führen Basel-Stadttheil und Basel-Landschaft in jährlichem Wechsel. Wenn im einzelnen Falle keine Verständigung zwischen beiden Landestheilen für eine gemeinsame Instruction erfolgt, so zählt die Standesstimme nicht.

Art. 8. Eine Commission von drei Mitgliedern aus dem Schooße der Tagsazung, in welche auch die eidgenössischen Commissarien wählbar sind, soll mit Ausschüssen beider Landestheile inner vierzehn Tagen zusammentreten, um Geld- und Mannschaftscontingent jedes einzelnen Theils auszumitteln; immerhin in dem Sinne, daß die Summe beider Contingente an Geld und Mannschaft derjenigen gleichkomme, die für den Kanton Basel bisher festgesezt war. Die Commission wird das Ergebniß ihrer Verhandlung, mit einem Gutachten begleiten, der Tagsazung zur endlichen Schlußnahme vorlegen.

Sollte einer der Landestheile, oder sollten beide die Wahl von Ausschüssen unterlassen, oder länger als acht Tage, vom Tage der amtlichen Mittheilung gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, verschieben, so wird die Commission sich ihres Auftrages gleichwohl entledigen und in allem nach obstehender Vorschrift verfahren.

Art. 9. Das gesammte Staatseigenthum des Kantons Basel an Capitalien, Gefällen, Gebäuden, Kriegsmaterial u. s. w., ohne irgend eine Ausnahme, und ausdrüklich mit Inbegriff der Kirchen-, Schul- und Armenfonds, soll auf billigem Fuße zwischen beiden Landestheilen ausgeschieden und vertheilt werden. Diese Ausscheidung soll auch die Zollverhältnisse befassen, nach Inhalt der dießfalls bestehenden Tagsazungsbeschlüsse und Verkommnisse mit andern Ständen. Beide Landestheile ernennen hierfür binnen acht Tagen, vom Tage der amtlichen Mittheilung gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, Ausschüsse, und jeder derselben zwei Theilungscommissarien aus dem Bürgern anderer Kantone; diese Ausschüsse besorgen gemeinsam mit Theilungscommissarien das Liquidations- und Theilungsgeschäft und schließen die dießfälligen Verkommnisse, nöthigen Falles auch über die nachbarlichen Verhältnisse im Gerichts-, Polizei- und Besteuerungswesen, ab.

Was binnen vier Wochen nicht auf dem Wege gütlichen Einverständnisses ausgetragen wird, darüber haben die Theilungscommissarien schiedsrichterlich abzusprechen. Sie wählen sich zu diesem Beruf eventuell unverzüglich den Obmann, der ebenfalls Bürger eines andern Kantons sein soll. Könnten sich aber die vier Schiedsrichter nicht über die Wahl des Obmanns verständigen, so bezeichnet ihn die Tagsazung.

Den Theilungscommissarien liegt ob, auch über das Staatsarchiv nach Recht und Billigkeit zu verfügen, mit besonderer Bedachtnahme, daß dem Kanton Basel-Landschaft alles dasjenige herausgegeben werde, was auf abgetretenes Staatseigenthum und auf Angelegenheiten der landschaftlichen Gemeinden Bezug hat.

Art. 10. Die dermaligen eidgenössischen Commissarien werden anordnen, daß der Regierung von Basel-Landschaft alles, was aus Bezirks- und Gemeindearchiven während der dortigen Wirren durch die Regierung von Basel-Stadttheil zu Handen gezogen worden, unverweilt und unter Abfassung genauer Inventarien zurükgestellt werden.

Art. 11. Die militärische Besezung des Kantons Basel-Landschaft wird aufhören, sobald seine Verfassung im Umfang des ganzen landschaftlichen Gebietes eingeführt und, nach amtlicher Erklärung der eidgenössischen Commissarien, Ruhe und Ordnung daselbst zurükgekehrt sein werden.

Gleiches wird im Kanton Basel-Stadttheil geschehen, nachdem er allen aus gegenwärtigem Beschluß vorgehenden, sowie überhaupt seinen bundesgemäßen Verpflichtungen Genüge geleistet und die Eidgenossenschaft dadurch Sicherheit erhalten haben wird, daß Ruhe und Ordnung auch von Seite dieses Landestheils nicht weiter gefährdet seien.

Art. 12. Die Tagsazung behält sich die weitere Schlußnahme wegen Tilgung oder Sicherstellung für Rükzahlung der verursachten militärischen Occupationskosten vor.

 

Endgültiger Beschluß der Tagsatzung über die Trennung des Kantons Basel, die auch heute, trotz vielfacher Versuche der Wiedervereinigung, noch fortbesteht.


Quellen: Repertorium der Abschiede der eidgenössischen Tagsazungen aus den Jahren 1814 bis 1848, 2. Band S. 870, Bern 1876
© 6. Juni 2005

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